Mit Beschlüssen vom 20. Juli 2021 (Az. 1 B 26.21) und vom 22. Juli 2021 (Az 1 B 28.21) hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Verfahren die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, in denen es letztlich um den Umgang mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. November 2020 (Rs. C-238/19) geht. Im Revisionsverfahren wird es um die Frage gehen, welche Anforderungen an die Annahme einer „starken Vermutung“ für eine Verknüpfung zwischen der Verweigerung des Militärdienstes unter den in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2011/95/EU (§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG) genannten Voraussetzungen mit einem der in Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU (§ 3a Abs. 3 i.V.m. § 3b AsylG) genannten Verfolgungsgründe - sowie deren Widerlegung - zu stellen sind und welche Bedeutung einer solchen „starken Vermutung“ im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) zukommt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in zwei Urteilen vom 24. Juni 2021 (Az. 1 B 27.20 und Az. 1 C 54.20) zu den Anforderungen an die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse am Ort des internen Schutzes (§ 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG) an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass eine Niederlassung am Ort des internen Schutzes nicht nur dann zumutbar sei, wenn der Schutzsuchende dort über die Befriedigung seiner elementarsten Bedürfnisse hinaus (Maßstab des Art. 3 EMRK) gemäß den höheren Anforderungen des § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG sein Existenzminimum auf Dauer werde sichern können, und sieht keinen Anlass für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Auf den Einwand, der Kläger habe an seinem Herkunftsort in gesicherten materiellen Verhältnissen gelebt, sodass seine individuellen Lebensverhältnisse gerade nicht von großer Armut geprägt gewesen seien, komme es weder für die Zumutbarkeit des internen Schutzes noch für den Maßstab an, ob am Ort des internen Schutzes ein für die allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland „(relativ) normales Leben“ zu führen sei.
Mit Beschluss vom 17. August 2021 (Az. 1 LA 43/21) hat sich das OVG Schleswig zur Auslegung des Begriffs „Erstentscheidung in der Sache“ in Art. 10 Dublin-III-Verordnung geäußert und sich der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 03. September 2019 - OVG 6 N 58.19) angeschlossen. Danach umfasse der Begriff der „Erstentscheidung in der Sache“ im Sinne von Art. 10 Dublin-III-Verordnung nicht nur die behördliche Entscheidung, sondern auch ein sich gegebenenfalls anschließendes Rechtsmittelverfahren.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. Juni 2021 (Az. XIII ZB 83/20) festgehalten, dass eine von einem anderen EU-Staat erteilte Daueraufenthaltserlaubnis gemäß Schengener Grenzkodex dann nicht zur Einreise nach Deutschland berechtige, wenn Gründe der öffentlichen Sicherheit gegen den Aufenthalt der betroffenen Person vorlägen; dies gelte auch dann, wenn die Person nicht in einer nationalen Datenbank zur Einreiseverweigerung eintragen sei. Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen die Person gemäß § 129a StGB machten, so der BGH, nicht ohne weiteres Angaben dazu erforderlich, wie das aus dem Ermittlungsverfahren möglicherweise entstehende Abschiebungs- und Überstellungshindernis ausgeräumt werden könne, weil es in solchen Fällen zunächst einer Verfolgungsermächtigung gemäß § 129b Abs. 1 S. 3 StGB bedürfe.
Der VGH Mannheim hat in seinem Beschluss vom 17. August 2021 (Az. 11 S 42/20) das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte im Sinne von § 36 Abs. 2 AufenthG und einen daraus folgenden Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Familiennachzug in einem Fall bejaht, in dem es um pflegebedürftige nahe Verwandte eines in Deutschland lebenden Ausländers ging. Dabei sei es nicht erheblich, ob es sich um Mitglieder der Kernfamilie des Ausländers handele, ob die häusliche Pflege der Kläger vollständig durch Dritte erbracht werden könnte und ob dies auch im Heimatland der Kläger möglich wäre.
In zwei Beschlüssen vom 8. August 2021 (Az. 2 BvR 727/20 und Az. 2 BvR 2038/19) hat das Bundesverfassungsgericht die an Verfassungsbeschwerden gegen Abschiebungshaft zu stellenden Anforderungen präzisiert, die in den konkreten Verfahren erhobenen Verfassungsbeschwerden allerdings nicht zur Entscheidung angenommen. Das Gericht hat insbesondere Ausführungen zum Verhältnis zwischen vorläufiger Haftentscheidung im Wege einer einstweiligen Haftanordnung und Hauptsacheentscheidung gemacht und klargestellt, dass zur Erschöpfung des Rechtswegs ggf. auch eine Anhörungsrüge zu erheben sei.
Das OVG Koblenz hat in seinem Beschluss vom 24. August 2021(Az. 7 B 10843/21.OVG) die Abschiebung einer Familie in ihr Heimatland Armenien ohne ihren 16-jährigen Sohn, der sich der gemeinsamen Abschiebung durch Flucht entzogen hatte, für rechtmäßig gehalten. Der Schutz der Familie gebiete nicht in jedem Fall die gemeinsame Abschiebung sämtlicher Familienmitglieder, die Ausländerbehörde habe bei ihrer Entscheidung zur Fortsetzung der Abschiebung der Familie ohne den geflüchteten Sohn davon ausgehen dürfen, dass dies nur zu einer vorübergehenden Trennung des minderjährigen Sohnes von seinen Eltern und Geschwistern für einen überschaubaren Zeitraum führen werde, weil auch er in absehbarer Zeit in das gemeinsame Heimatland Armenien zurückkehren und dort die Familieneinheit wiederhergestellt werde.