Art. 15 der EU-Rückführungsrichtlinie lässt die Inhaftierung von ausreisepflichtigen Ausländern zum Zwecke ihrer Abschiebung grundsätzlich zu, verweist aber unter anderem auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der vor der Anordnung von Abschiebungshaft stets zu berücksichtigen sei. In seinem Urteil vom 6. Oktober 2022 (Rs. C-241/21) hat der Europäische Gerichtshof nun die daraus folgenden Anforderungen an nationales Recht präzisiert. Danach darf ein Mitgliedstaat nicht lediglich ein allgemeines Kriterium der Gefahr einer Beeinträchtigung der wirksamen Durchführung der Abschiebung als Grundlage für die Anordnung von Abschiebungshaft vorsehen, sondern muss im nationalen Recht einen spezifisch geregelten und klar definierten Haftgrund vorsehen. In nationalem Recht vorgesehene Haftgründe müssten den aus der EU-Rückführungsrichtlinie abgeleiteten Erfordernissen der Klarheit, der Vorhersehbarkeit und des Schutzes vor Willkür entsprechen, damit es Betroffenen möglich sei, mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit vorherzusehen, in welchen Fällen sie in Haft genommen werden könnten.
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