Das Amtsgericht Berlin Tiergarten meint in seinem Beschluss vom 1. Dezember 2023 (Az. 384 XIV 120/23 B), dass die gemäß § 62 Abs. 3a Nr. 3 AufenthG vermutete Fluchtgefahr nicht vorliegt, und damit auch kein Haftgrund für die Anordnung von Abschiebungshaft, wenn der Betroffene seine Anschrift zwar nicht der Ausländerbehörde, dafür aber anderen staatlichen Stellen mitgeteilt hat. In dem Verfahren habe der Betroffene unter anderem regelmäßigen Kontakt mit der Bewährungshilfe und komme im Rahmen der Bewährungsüberwachung all seinen Verpflichtungen nach, hole vom Bezirksamt monatlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab und habe bei einer Einreise im August 2023 gegenüber der Bundespolizei seine aktuelle Anschrift wahrheitsgemäß angegeben. Eine Person, die derart engen Kontakt mit staatlichen Stellen halte und insofern auch allen ihr auferlegten Verpflichtungen nachkomme, sei nicht untergetaucht. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sie ihrer Verpflichtung, ihre neue Adresse mitzuteilen, aus Nachlässigkeit nicht nachgekommen sei, zumal die Belehrung aus ca. vier und sechs Jahre alten Bescheiden stammten und dort in einer Vielzahl von Information („Kleingedrucktes“) mehr als leicht untergehen könnten. Interessant hat sich das Amtsgericht daneben zum Geschäftswert des Verfahren geäußert: Zwar gingen die Berliner Gerichte (Landgericht und Kammergericht) in Freiheitsentziehungssachen vom Regelgeschäftswert des § 36 Abs. 3 GNotKG (5.000 Euro) aus, was jedoch unbillig sei, weil diese Sichtweise Kriterien des vorrangigen § 36 Abs. 2 GNotKG verletze, der verlange, dass für den Geschäftswert der Umfang und die Bedeutung der Sache maßgeblich sein sollen. Es gebe jedoch mit § 7 Abs. 3 StREG eine gesetzliche Vorschrift, die Haft bewerte, nämlich mit 75 Euro pro Tag. Diese Vorschrift stelle ein besonders geeignetes Bemessungskriterium für den nach § 36 Abs. 2 GNotKG maßgeblich zu berücksichtigenden Umfang und Bedeutung der Sache dar. Da sich nach dem Haftantrag die Haft über 44 Tage erstrecken solle, sei der Wert der Gebühr Nr. 15212 Ziff. 4 KVGNotKG auf 3.150 Euro (= 42 x 75 Euro) festzusetzen.
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