In seinem Urteil vom 3. März 2022 (14743/17, Nikoghosyan u.a. gg. Polen) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine ohne echte Einzelfallprüfung erfolgte Inhaftierung einer Familie mit jungen Kindern über einen Zeitraum von fast sechs Monaten für unverhältnismäßig und mit Art. 5 EMRK (Recht auf Freiheit) unvereinbar gehalten. Eine Freiheitsentziehung einer Familie mit jungen Kindern könne zwar mit der EMRK vereinbar sein, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Behörden nachweisen könnten, dass sie diese Maßnahme als letztes Mittel ergriffen haben. Die Behörden müssten vorher tatsächlich geprüft haben, dass keine andere weniger freiheitsbeschränkende Maßnahme ergriffen werden konnte, und müssten mit der erforderlichen Eile gehandelt haben. Diese Voraussetzungen, so der EGMR, seien im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt, weil lediglich darauf abgestellt worden sei, dass die Antragsteller vermögenslos und ohne festen Wohnsitz im Polen seien.
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