Anforderungen an die Übersetzung asylverfahrensrechtlicher Belehrungen

Grundsätzlich kann es Asylsuchenden zugemutet werden, sich zusätzlichen Rat einzuholen, wenn sie als juristische Laien in einem fremden Rechtssystem Hinweise nicht eindeutig verstehen, sagt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem Beschluss vom 5. Mai 2023 (Az. 14a L 510/23.A), jedoch gebe es dabei Grenzen. Diese Grenzen seien jedenfalls überschritten, wenn der einem Asylsuchenden ausgehändigte Text so unzureichend übersetzt sei, dass nicht mehr von kleineren Ungenauigkeiten oder einem möglicherweise in der Umgangssprache eher unüblichen Gebrauch einzelner Formulierungen gesprochen werden könne, sondern er nicht mehr den allgemeinen kommunikativen Anforderungen des (Fach-)Sprachgebrauchs der Sprache entspreche, deren Verständnis zu erwarten sei.

In dem Verfahren ging es um eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in die türkische Sprache übersetzte Belehrung, in der unter anderem das Nichtbetreiben des Verfahrens wörtlich als „außeroperationelle Unterstellung“, wohlwollend als „Unterstellung der Außerbetriebnahme“ übersetzt worden war. Dies, so das VG, entspreche nicht mehr den Vorgaben des § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG, wonach ein Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens und über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, unterrichtet werden müsse.

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ISSN 2943-2871