Verletzung von EU-Recht durch übermäßige Erschwerung der Asylantragstellung in Ungarn

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 22. Juni 2022 (Rs. C-823/21) festgestellt, dass Ungarn gegen seine Verpflichtung aus Art. 6 der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verstoßen hat, indem es die Möglichkeit, in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, von der vorherigen Abgabe einer Absichtserklärung bei einer ungarischen Botschaft in einem Drittstaat und der Erteilung eines Visums zur Einreise nach Ungarn abhängig gemacht hat. Es ergebe sich aus Art. 6 der Asylverfahrensrichtlinie, dass jeder Drittstaatsangehörige oder Staatenlose das Recht habe, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, auch an den Grenzen eines Mitgliedstaats, indem er bei einer der in diesem Artikel genannten Behörden seine Absicht bekunde, internationalen Schutz in Anspruch zu nehmen, ohne dass die Bekundung dieser Absicht von irgendeiner Verwaltungsformalität abhängig gemacht werden dürfe. Dieses Recht sei ihm auch zuzuerkennen, wenn er sich illegal im Hoheitsgebiet aufhalte und ohne dass es auf die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags ankomme. Außerdem werde Schutzsuchenden durch das ungarische Verfahren das Recht aus Art. 18 GRCh vorenthalten, tatsächlich um Asyl nachsuchen zu können.

Das Urteil des EuGH erging in einem von der Europäischen Kommission angestrengten Vertragsverletzungsverfahren. Ungarn hatte das Botschaftsverfahren 2020 als eine Art „Ersatz“ für die Transitzonen an den ungarischen Grenzen eingeführt; die Absicht zur Stellung eines Asylantrags konnte nur in den ungarischen Botschaften in Serbien oder in der Ukraine bekundet werden. Der Europäische Gerichtshof hat zu seinem Urteil auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.

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ISSN 2943-2871