Je nach den Gegebenheiten in ihrem Herkunftsland können Frauen, die Staatsangehörige dieses Landes sind und als gemeinsames Merkmal ihre tatsächliche Identifizierung mit dem Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern teilen, zu der es im Zuge ihres Aufenthalts in einem EU-Staat gekommen ist, als einer „bestimmten sozialen Gruppe“ zugehörig angesehen werden und bei einer befürchteten Verfolgung im Herkunftsland wegen dieser Zugehörigkeit die Flüchtlingseigenschaft erhalten, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. Juni 2024 (Rs. C-646/21). Die tatsächliche Identifizierung einer (auch minderjährigen) Frau mit dem Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern könne als ein „Merkmal oder eine Glaubensüberzeugung“ (siehe Art. 10 der EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU) angesehen werden, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sei, dass die Betroffene nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Das ist eine relativ weite und großzügige Definition einer sozialen Gruppe, in dem konkreten Fall ging es um zwei junge Frauen aus dem Irak, die seit 2015 in den Niederlanden aufgewachsen waren und befürchteten, ihre westliche Lebensweise bei einer Rückkehr in den Irak nicht mehr leben zu können. Der EuGH hat zu diesem Urteil auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.
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