Das erst- und letztinstanzlich für Klagen gegen Asylbescheide zuständige schweizerische Bundesverwaltungsgericht hat in einem Referenzurteil vom 12. Juni 2025 (Az. F-5298/2024) entschieden, dass sich die schweizerische Asylbehörde SEM vor geplanten Dublin-Überstellungen nach Griechenland nicht auf bloße Zusicherungen griechischer Behörden und auf eine Empfehlung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 stützen darf, dass dem Betroffenen Zugang zum Asylverfahren und zu einer geeigneten Unterkunft gewährt würden. Stattdessen müsse die Behörde die relevanten und aktuellen Tatsachen im Zusammenhang mit der Situation von Schutzsuchenden in Griechenland feststellen, bevor es ausdrücklich festhalte, ob vor Ort weiterhin systemische Mängel bestünden und eine Überstellung möglich sei. Die Vermutung, wonach alle Mitgliedstaaten des Dublin-Raums sichere Länder seien und das Non-Refoulement-Prinzip achteten, sei im Fall Griechenlands schon seit längerer Zeit hinfällig. Eine Überstellung nach Griechenland könne darum nur ausnahmsweise und nur nach einer individualisierten Prüfung rechtmäßig sein.
„Referenzurteile“ des Bundesverwaltungsgerichts analysieren die Situation in einem bestimmten Land, die darin vorgenommene rechtliche Würdigung ist offenbar über den Einzelfall hinaus für eine Mehrzahl von Verfahren gültig. Das Urteil steht in einem gewissen Widerspruch zu den Griechenland-Urteilen des (deutschen) Bundesverwaltungsgerichts im April 2025; das (schweizerische) Bundesverwaltungsgericht hat zu seinem Urteil auch eine Pressemitteilung in deutscher Sprache veröffentlicht.
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