Dublin/Italien: Zeitlicher Aspekt hat lediglich untergeordnete Rolle

Das Verwaltungsgericht Aachen zeigt sich in seinem in einem Eilrechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 22. März 2023 (Az. 9 L 223/23.A) nicht erfreut über den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 16. März 2023 (Az. 11 A 252/23.A), in dem das OVG sich zu einigen Ausführungen über die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien veranlasst sah. Bei dem Beschluss des OVG, so das VG Aachen, handele es sich gar nicht um höchstrichterliche Rechtsprechung, die eine Abänderung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtfertigen würde. Das OVG habe sich auch keiner Rechtsauffassung ausdrücklich angeschlossen, sondern lediglich in einem konkreten Verfahren entschieden, so dass eine Aussage allgemeiner Natur dem Beschluss des OVG „seriöser Weise“ nicht entnommen werden könne, auch wenn der in der juris-Datenbank ergänzte Leitsatz anderes suggeriere. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass das OVG angesichts der nunmehr verstrichenen Zeit an der Durchführbarkeit der Abschiebung zweifele, würde dies nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen, weil dem vom OVG aufgegriffenen zeitlichen Aspekt bestenfalls eine untergeordnete Rolle zukomme. Dass es in den letzten Wochen augenscheinlich nicht zu Überstellungsversuchen gekommen sei, sei nach derzeitigem Sachstand nicht auf eine fehlende Übernahmebereitschaft Italiens, sondern lediglich auf die „möglicherweise überobligatorische“ Reaktion der deutschen Behörden auf die Rundschreiben aus Dezember 2022 zurückzuführen. Das Verwaltungsgericht bleibe daher „ebenso wie viele andere Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen und der Bundesrepublik Deutschland“ bei seiner Ansicht, dass die Überstellung der Antragsteller trotz der Rundschreiben der italienischen Behörden vom 5. und 7. Dezember 2022 möglich sei.

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ISSN 2943-2871