Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einer am 6. Dezember 2021 veröffentlichten Pressemitteilung einen Überblick über seine Befassung mit der Situation von Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen zu Belarus gegeben. Danach erhalte und bearbeite der Gerichtshof täglich Anträge auf vorläufige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Situation an den Grenzen zu Belarus. In den meisten Fällen gäben die Antragsteller an, sich auf polnischem Hoheitsgebiet zu befinden, und zwar, nach ihrem Vortrag, um internationalen Schutz zu suchen. Insgesamt habe der Gerichtshof bislang 47 Anträge auf vorläufige Maßnahmen erhalten, davon 44 gegen Polen gerichtete Anträge, und er habe in insgesamt 43 Verfahren solche vorläufige Maßnahmen erlassen. In einigen Fällen forderte der Gerichtshof die Regierungen auf, die Antragsteller mit Nahrung, Wasser, Kleidung, angemessener medizinischer Versorgung und, wenn möglich, einer vorübergehenden Unterkunft für eine begrenzte Zeit zu versorgen. Gleichzeitig stellte er klar, dass diese Maßnahmen nicht so zu verstehen seien, dass sie die Antragsteller in ihr Hoheitsgebiet einreisen lassen müssten.
In einem Urteil vom 7. Dezember 2021 (Az. 57467/15, Savran gg. Dänemark) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall der Ausweisung und Verhängung eines dauerhaften Einreiseverbots eines in Dänemark lebenden psychisch kranken Straftäters entschieden, dass diese Maßnahmen zwar nicht gegen Art. 3 EMRK verstießen, jedoch gegen Art. 8 EMRK. In Hinblick auf Art. 3 EMRK hielt der EGMR fest, dass ein Abbruch der andauernden medizinischen Behandlung des Beschwerdeführers zwar eine Gefahr für andere, aber nicht für ihn darstellen würde, zu Art. 8 EMRK führte der EGMR aus, dass die dänischen Behörden die Umstände des Einzelfalles nicht ausreichend gewürdigt und gegeneinander abgewogen hätten. Der Gerichtshof hat zu diesem Urteil außerdem eine Pressemitteilung veröffentlicht.
In einer Pressemitteilung vom 8. Dezember 2021 hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine Änderung seiner Rechtsprechung zur Rückführung von alleinstehenden, nicht vulnerablen Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz erhalten haben, bekanntgegeben. Danach dürften solche Personen nach Bulgarien rücküberstellt werden, das OVG halte insoweit nicht mehr an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 fest, die auf Grundlage der damaligen Erkenntnislage ergangen sei. Die Behandlung von nicht vulnerablen international Schutzberechtigten in Bulgarien genügten derzeit den Anforderungen nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die Volltexte der Urteile in den vier betroffenen Verfahren (Az. 10 LB 278/20, 10 LB 268/20, 10 LB 270/20 und 10 LB 257/20) wurden noch nicht veröffentlicht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Woche einige Urteilsvolltexte veröffentlicht, deren Inhalte schon länger bekannt waren, nämlich in zwei der Verfahren, in denen es entschieden hatte, dass keine Verlängerung der Dublin-Überstellungsfrist wegen Nichtbefolgung einer Selbstgestellungsaufforderung oder eines erfolglosen Überstellungsversuchs eintritt (Urteile vom 17. August 2021, Az. 1 C 38.20 und 1 C 1.21), siehe dazu auch die Pressemitteilung vom 17. August 2021, und in dem Verfahren zur Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots bei Berufsausbildung während des asylgerichtlichen Verfahrens (Urteil vom 7. September 2021, Az. 1 C 46.20), siehe dazu auch die Pressemitteilung vom 7. September 2021.