Eine im Irak nach islamischem Recht geschlossene Ehe sei wirksam, auch wenn sie nicht staatlich registriert wurde, und vermittele einen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz, so das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 22. Juli 2022 (Az. 5 K 361.17 A). Verstoße der Ehemann seine Ehefrau in Deutschland in Scheidungsabsicht („talaq“), ohne das Familiengericht einzuschalten, sei diese Scheidung im Inland nichtig und beseitige den Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz nicht. Die Entscheidung weist zutreffend darauf hin, dass nach dem anwendbaren internationalen Privatrecht zur Beurteilung der Gültigkeit einer im Ausland erfolgten Eheschließung auf die am Ort der Eheschließung vorgegebene Form einschließlich der zwingenden Eheschließungsvoraussetzungen, wie sie am Ort der Eheschließung gelten (Art. 11 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 EGBGB), bzw. auf das Heimatrecht der Eheschließenden (Art. 11 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 13 Abs. 1 EGBGB) abzustellen sei. Nach dem danach anwendbaren irakischen Recht sei die Ehe wirksam geschlossen worden. Eine Ehescheidung in Deutschland könne dagegen wegen Art. 17 Abs. 3 EGBGB nur durch ein Gericht geschieden werden, die Verstoßung sei deswegen nicht wirksam und die Ehe als fortbestehend anzusehen.
Im Falle einer Aushändigung eines Asylbescheides an den Betroffenen sei für den Beginn der Rechtsmittelfrist alleine das Datum der Aushändigung maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob die Aushändigung vor oder nach Ablauf von drei Tagen nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung erfolge, so das Verwaltungsgericht Köln in seinem Beschluss vom 3. August 2022 (Az. 20 L 800/22.A). Für die Zustellfiktion in § 10 Abs. 4 S. 4 Hs. 2 AsylG sei nur „im Übrigen“ Raum, wenn also eine Aushändigung an den Ausländer gar nicht erfolgen könne, nicht dagegen, wenn sie stattfinde, wenngleich erst nach Ablauf von drei Tagen. Die Auffassung, wonach die Fiktion der Zustellung am dritten Tag nach der Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung stets greife, wenn eine Aushändigung, aus welchen Gründen auch immer, bis dahin nicht erfolgt sei, finde weder im Wortlaut der Vorschrift noch in deren Systematik oder Zweck eine Stütze. Es sei, so das VG Köln, nach der Kenntnis des Gerichts aus zahlreichen Asylverfahren vielmehr umgekehrt so, dass es den Aufnahmeeinrichtungen mit Blick auf ihre Auslastung und Personalausstattung häufig nicht möglich sei, eine ordnungsgemäße und zügige Postverteilung zu organisieren, mit der Folge, dass die Aushändigung der Schriftstücke in nicht wenigen Fällen zum Teil erheblich nach Ablauf der Drei-Tages-Frist erfolge. Bei Zugrundelegung der Zustellungsfiktion würde daher das Recht der Betroffenen auf einen wirksamen Rechtsbehelf in vielen Fällen erheblich beeinträchtigt.
Mit Beschluss vom 15. Juli 2022 (Az. 11 A 1138/21.A) hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass nach Italien zurückgeführte Schutzsuchende, die in Italien zuvor noch keinen Asylantrag gestellt haben, in Italien keiner systemisch begründeten, ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt seien. Insofern sei die Situation dieser Personengruppe anders als die Situation von Schutzsuchenden, die vor ihrer Antragstellung in Deutschland bereits einen Asylantrag in Italien gestellt hätten.
Ähnlich wie vor einiger Zeit das Oberverwaltungsgericht Weimar in seinem Beschluss vom 22. Juni 2022 (Az. 4 EO 133/22) hat nun auch das Oberverwaltungsgericht Bremen in seinem Beschluss vom 26. Juli 2022 (Az. 2 B 149/22) entschieden, dass einem Ausländer, der der aufenthaltsrechtlichen Verteilung gemäß § 15a AufenthG unterliegt, vor der Verteilung keine Duldung erteilt werden kann. Das OVG Bremen hat in seiner Entscheidung immerhin einige Hinweise zu Rechtsschutzmöglichkeiten gegeben, sofern die aufenthaltsrechtliche Verteilung, wie im entschiedenen Verfahren, über einen längeren Zeitraum unterbleibt. Danach sollen die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung oder auch des § 75 S. 2 VwGO oder des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung einen „groben Anhaltspunkt“ bieten können, ab wann ein Betroffener mit einem Antrag nach § 123 VwGO gegen die für die Verteilung zuständige Behörde auf eine solche hinwirken könne. In Anbetracht dessen, dass Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung und § 75 S. 2 VwGO von einer Dreimonatsfrist sprechen, Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung dagegen von einer sechsmonatigen Frist, ist das in der Tat ein nur sehr grober Anhaltspunkt.
Die Bezeichnung eines unzutreffenden Zielstaates im Bescheidtenor ist für einen im Asylverfahren unvertretenen Asylsuchenden grundsätzlich keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 42 S. 1 VwVfG, so das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 2. August 2022 (Az. 24 L 1365/22.A). Eine bloße Unrichtigkeit in einem Verwaltungsakt sei gegeben, wenn die Behörde etwas nicht oder etwas anderes als das gesagt habe, was sie zum Ausdruck bringen wollte. Dies sei im entschiedenen Verfahren der Fall, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge irrtümlich Albanien als Zielstaat einer Abschiebung genannt habe, während es zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote allein mit Blick auf die Republik Kosovo geprüft habe. Allerdings sei diese Unrichtigkeit für den Betroffenen keine „offenbare Unrichtigkeit“, weil ihm lediglich der Tenor des Bescheids übersetzt worden sei, der die Unrichtigkeit enthalte, nicht dagegen der Rest des Bescheids. Der Betroffene habe so keine Möglichkeit gehabt, den Fehler zu erkennen, der Bescheid sei deswegen voraussichtlich rechtswidrig.