Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat ihre Arbeit vermutlich nicht eingestellt, gleichwohl ist in dieser Woche lediglich über zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu berichten, die zudem noch nicht einmal im Volltext vorliegen.
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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat ihre Arbeit vermutlich nicht eingestellt, gleichwohl ist in dieser Woche lediglich über zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu berichten, die zudem noch nicht einmal im Volltext vorliegen.
In seinem Urteil vom 11. Oktober 2022 (Az. 1 C 9.21), zu dem bislang lediglich eine Pressemitteilung des Gerichts vorliegt, hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass als Voraussetzung für die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer gemäß § 5 AufenthV die Abgabe einer „Reueerklärung“ nicht verlangt werden darf, wenn der Ausländer sich darin selbst einer Straftat bezichtigen muss. Die in einer Reueerklärung enthaltene Selbstbezichtigung einer Straftat dürfe dem Ausländer gegen seinen plausibel bekundeten Willen auch dann nicht abverlangt werden, wenn sich die Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung dadurch nicht erhöht und das Strafmaß gegebenenfalls sogar verringert.
Mit Wertungswidersprüchen im Aufenthaltsrecht beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Oktober 2022 (Az. 1 C 49.21), zu dem bislang lediglich eine Pressemitteilung des Gerichts vorliegt. Es ging in dem Verfahren um die Frage, ob dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen ein vom Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft unabhängiges Aufenthaltsrecht zustehen kann, und ggf. aufgrund welcher Vorschriften und mit welchen Voraussetzungen.
§ 28 AufenthG regelt den Familiennachzug zu Deutschen und enthält in seinem Abs. 3 S. 1 eine Verweisung u.a. auf § 31 AufenthG, der ein eigenständiges, vom Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängiges Aufenthaltsrecht eines ausländischen Ehegatten regelt. Das BVerwG hält diese Verweisung für eine Rechtsgrundverweisung, so dass sie nur auf ausländische Ehegatten, nicht aber auch auf ausländische Elternteile angewendet werden kann. Es soll darum für die Begründung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts des ausländischen Elternteils bei der Regelung des § 28 Abs. 3 S. 2 AufenthG bleiben, die allerdings das Fortbestehen einer familiären Lebensgemeinschaft gerade voraussetzt.
Die Pressemitteilung weist immerhin darauf hin, dass das Aufenthaltsgesetz das an anderer Stelle auch anders sieht und regelt. Lakonisch heißt es, dass etwaige Wertungswidersprüche zu anderen Verweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt seien. Gemeint ist, dass solche Wertungswidersprüche wohl hinzunehmen sind, und gemeint ist vermutlich § 36 Abs. 2 S. 2 AufenthG, der wohl im Wege einer Rechtsfolgenverweisung § 31 AufenthG für entsprechend anwendbar erklärt und sonstige Familienangehörige eines Ausländers, d.h. Familienangehörige, die kein Ehegatte und kein minderjähriges lediges Kind sind, besser stellt als dies in § 28 AufenthG der Fall ist.
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