Kein einstweiliger Rechtsschutz ohne Benennung eines Herkunftsstaats

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig, wenn in einer Abschiebungsandrohung lediglich die Abschiebung „in den Herkunftsstaat“ angedroht wird, meint das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 7. September 2023 (Az. 19 L 277/23 A). Die Benennung eines noch ungeklärten Herkunftsstaates als Zielstaat der Abschiebung habe keinen Regelungscharakter und stelle vielmehr einen nur vorläufigen, unverbindlichen Hinweis des Bundesamts dar, aus dem sich keine Rechtsfolgen ergäben. Insofern sei die Abschiebungsandrohung in einer solchen Situation auch nicht vollziehbar, wodurch die Aufenthaltsgestattung des Betroffenen nicht erlösche. Die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht reiche für ein Erlöschen der Aufenthaltsgestattung bereits nach dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 AsylG nicht aus.

Soweit teilweise ein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick darauf angenommen werde, dass das Landesamt für Einwanderung des Landes Berlin in solchen Fällen von einem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung auszugehen scheine und diese Frage in der erstinstanzlichen Rechtsprechung umstritten und nicht obergerichtlich geklärt sei, folge die Einzelrichterin dem nicht: Sollte das Landesamt für Einwanderung dem Antragsteller tatsächlich keine Bescheinigung über die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG qua Gesetz bestehende Aufenthaltsgestattung, sondern lediglich eine Duldung ausstellen, oder in einem etwaigen späteren Verfahren zu einer Aufenthaltsverfestigung von einem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung ausgehen, sei es dem Antragsteller zumutbar, hiergegen um Rechtsschutz in dem entsprechenden aufenthaltsrechtlichen Verfahren gegen das Land Berlin nachzusuchen und eine Klärung herbeizuführen. Eine Verlagerung in das asylrechtliche Eilverfahren sei vor diesem Hintergrund nicht geboten, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür auch nicht anzunehmen sei.

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ISSN 2943-2871