Keine Umdeutung einer asylrechtlichen in eine aufenthaltsrechtliche Rechtsgrundlage

In seinem Urteil vom 13. Juli 2022 (Az. 4 K 325/22.KS) äußert sich das Verwaltungsgericht Kassel zum Verhältnis asylrechtlicher und aufenthaltsrechtlicher Mitwirkungspflichten. Dabei seien die asylrechtlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Aufenthaltsbeendigung nur anwendbar, so das VG, wenn die Behörde gerade die Vollstreckung einer asylrechtlichen Abschiebungsanordnung beabsichtige. Erlasse die Behörde zunächst eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung, später dann eine aufenthaltsrechtliche Abschiebungsandrohung, dürfe sie nicht zwischen beiden Abschiebungsandrohungen wählen, sondern müsse davon ausgegangen werden, dass die spätere Abschiebungsandrohung die frühere ersetzt habe. Eine dann dennoch auf § 15 AsylG gestützte Verpflichtung des Ausländers zur Mitwirkung an der Passbeschaffung dürfe vom Gericht nicht in eine Verpflichtung auf Grundlage von § 48 AufenthG umgedeutet werden, sondern sei rechtswidrig. Dies gelte auch dann, wenn die zugrundeliegende Handlungspflicht gleichwohl auch nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes bestehe, weil zwischen aufenthaltsrechtlicher und asylrechtlicher Rechtsgrundlage so wesentliche Unterschiede im folgenden Verfahren bestünden, dass der Austausch der Rechtsgrundlage eine Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides bewirken würde. Das sehen andere Gerichte (etwa das Verwaltungsgericht München in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2021, Az. M 12 S 21.5589) allerdings genau andersherum. Das VG Kassel hat sich auch zur Frage der Verwirkung einer (asylrechtlichen) Abschiebungsandrohung geäußert, die es im entschiedenen Verfahren bei mehrjähriger Untätigkeit der zuständigen Behörde angenommen hat.

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ISSN 2943-2871