Keine zweitinstanzliche Klärung von untersagter Überstellung nach Italien

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat es in seinem Beschluss vom 10. März 2023 (Az. 4 LA 4/23) abgelehnt, einen Berufungszulassungsantrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in einem Verfahren zuzulassen, in dem das erstinstanzlich befasste Verwaltungsgericht die Überstellung einer Familie mit kleinen Kindern nach Italien untersagt hatte. Das BAMF wollte zweitinstanzlich unter anderem wegen grundsätzlicher Bedeutung klären lassen, ob Familien mit minderjährigen Kindern, die in Italien internationalen Schutz erhalten haben, eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK insbesondere durch Obdachlosigkeit droht und ob Familien mit minderjährigen Kindern in Italien spätestens dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit und extreme Armut droht, sobald ihr zeitlich befristeter Aufenthalt in Aufnahmezentren beendet ist. Das OVG sah diese Fragen als nicht entscheidungserheblich an, weil das Verwaltungsgericht entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt habe, so dass es nicht darauf ankomme, ob daraus eine generelle Regel abgeleitet werden könne.

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ISSN 2943-2871