Auch ein in letzter Minute vor einer Abschiebung gestellter Asylfolgeantrag muss von den zuständigen Behörden gründlich und nicht nur oberflächlich geprüft werden, wenn der Antragsteller neue Beweismittel vorlegt und der Folgeantrag daher offensichtlich nicht einer bloßen Verfahrensverzögerung dient, sagt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 24. Oktober 2023 (Az. 23048/19, A.M.A. gg. Niederlande). Der EGMR hat festgestellt, dass die Niederlande das Recht des Beschwerdeführers aus Art. 3 EMRK verletzt haben, indem die zuständige Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten neuen Beweismittel mit der Begründung zurückgewiesen habe, sie seien in arabischer Sprache verfasst und es handele sich nicht um Originalurkunden, und den Beschwerdeführer am selben Tag nach Bahrain abgeschoben habe. Der Beschwerdeführer wurde dort unmittelbar nach seiner Ankunft verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt.
In einem Sondervotum kritisiert Richter Serghides, dass das Gericht eine Verletzung nur des prozeduralen Aspekts von Art. 3 EMRK angenommen habe und eine Verletzung des auch aus Art. 3 EMRK folgenden materiell-rechtlichen Non-Refoulement-Gebots nicht mehr geprüft habe. Gleichwohl, so Serghides, hätten die Niederlande das Non-Refoulement-Gebot verletzt, weil durch die Abschiebung für den Beschwerdeführer ein tatsächliches Risiko entstanden sei, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden.
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