Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 4. Juli 2023 (Az. 13258/18 u.a.) die Verletzung der Rechte anerkannter Flüchtlinge aus Art. 8 EMRK durch die Schweiz festgestellt, weil die zuständigen Behörden bei der Entscheidung über Anträge auf Familiennachzug die von Art. 8 EMRK geschützten Rechtsgüter nicht ausreichend berücksichtigt haben. EMRK-Mitgliedstaaten hätten bei der Entscheidung über Anträge auf Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum in Hinblick auf die Belastung ihrer Sozialsysteme, wenn die Flüchtlinge lediglich aufgrund von selbstgeschaffenen Nachfluchtgründen anerkannt worden seien. Dieser Beurteilungsspielraum sei jedoch deutlich enger als der Beurteilungsspielraum, der den EMRK-Mitgliedstaaten in Bezug auf Wartezeiten für Familiennachzug zu Personen offensteht, die nicht als Flüchtling anerkannt wurden, sondern lediglich subsidiären oder vorübergehenden Schutz erhalten hätten. Der EGMR hat zu diesem Urteil auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.
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