Der niedersächsische negative Kompetenzkonflikt um die Zuständigkeit für Durchsuchungsanordnungen zur Durchführung einer Abschiebung nach § 58 Abs. 6 bis 9 AufenthG ist um mehrere Kapitel reicher. Im vergangenen Jahr hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (siehe Beschluss vom 10. März 2021, Az. 13 OB 102/21) die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte angenommen, während das Oberlandesgericht Oldenburg (siehe Beschluss vom 4. November 2021, Az. 12 W 124/21) von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausging. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 12. Juli 2022 (Az. 3 ZB 6/21) die Rechtsauffassung des OLG Oldenburg bestätigt und hält ebenso die Verwaltungsgerichte für zuständig. Das OVG Lüneburg wiederum bleibt in seinem Beschluss vom 1. September 2022 (Az. 13 OB 222/22) trotz der BGH-Entscheidung bei seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die ordentlichen Gerichte zuständig sein sollen.
Im Kern geht es hier um die Frage, auf welche landesrechtlichen Regelungen § 58 Abs. 10 AufenthG eigentlich Bezug nehmen will. Der BGH hält nur solche landesrechtlichen Regelungen für erfasst, die über § 58 Abs. 6 bis 9 AufenthG hinausgehende Befugnisse für Wohnungsdurchsuchungen enthalten, die es in Niedersachsen aber nicht gebe. Das OVG Lüneburg stellt nicht auf weitergehende Befugnisse, sondern unter Bezugnahme auf den Wortlaut von § 58 Abs. 10 AufenthG auf weitergehende Regelungen ab, die es in Niedersachsen sehr wohl gebe. Das OVG hat die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Sollte das BVerwG die Rechtsauffassung des OVG Lüneburg bestätigen, dürfte das Verfahren vermutlich beim sehr selten angerufenen Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes enden.
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