EuGH zu unzulässigen Anträgen bei Schutzgewährung in einem anderen EU-Mitgliedstaat

Ein Mitgliedstaat könne gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU von seiner Befugnis Gebrauch machen, einen Antrag auf internationalen Schutz deshalb für unzulässig zu erklären, weil dem Antragsteller von einem anderen Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, so der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 22. Februar 2022 (Rs. C-483/20), dabei müsse jedoch, wenn dieser Antragsteller der Vater eines minderjährigen, unbegleiteten Kindes sei, dem in dem erstgenannten Mitgliedstaat subsidiärer Schutz gewährt worden sei, für die Aufrechterhaltung des Familienverbands gemäß Art. 23 Abs. 2 der der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU Sorge getragen werden. Außerdem dürften die Mitgliedstaaten von dieser Befugnis keinen Gebrauch machen, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem der Drittstaatsangehörige bereits internationalen Schutz genieße, entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorlägen und es im Hinblick auf diese Schwachstellen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gebe, dass dieser Drittstaatsangehörige tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden. Der EuGH hat zu dieser Entscheidung auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Textausgabe Deutsches Migrationsrecht (nach der GEAS-Reform)

    Es ist zu erwarten, dass der Deutsche Bundestag in den kommenden Wochen die beiden deutschen Umsetzungsgesetze zur GEAS-Reform von 2024 verabschieden wird, nämlich das GEAS-Anpassungsgesetz, und, gemeinsam mit dem Bundesrat, das GEAS-Anpassungsfolgengesetz. Diese Umsetzung wird zu umfangreichen Änderungen unter anderem…

  • Links zur GEAS-Reform

    Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) im Mai 2024 wird den Flüchtlingsschutz in Deutschland und Europa verändern, zumindest in unzähligen Details, vermutlich aber jedenfalls auf einer faktischen Ebene auch im Grundsätzlichen. Die GEAS-Reform soll im Juni 2026 in Kraft…

  • Aktuelle EuGH-Urteile vom 1.8.2025

    Etwas zu spät für den HRRF-Newsletter an diesem Freitag hat der Europäische Gerichtshof heute Mittag drei Urteile zum europäischen Flüchtlingsrecht verkündet. Alle drei Urteile sind mittlerweile in deutscher Sprache verfügbar, zu zwei der drei Urteile gibt es außerdem deutschsprachige Pressemitteilungen…

ISSN 2943-2871