Keine systemischen Mängel im italienischen Asylsystem

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig meint in seinem (insgesamt uninspirierten) Urteil vom 4. Oktober 2024 (Az. 4 LB 2/23), dass keine systemischen Schwachstellen im Asylsystem Italiens aufgrund eines fehlenden Zugangs zum Asylverfahren oder unzureichender Aufnahmebedingungen vorliegen und dass davon auszugehen ist, dass alleinerziehende Personen bzw. Familien mit minderjährigen Kindern nach Stattgabe ihres Asylantrags in Italien zunächst für in der Regel ein Jahr in ihrer während des Asylverfahrens bewohnten Aufnahmeeinrichtung verbleiben können. Für die diesbezügliche Bewertung sei es unerheblich, dass Überstellungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens gegenwärtig faktisch fast nicht erfolgen würden, vielmehr sei wie auch bei der Bewertung der Risiken einer Abschiebung ins Herkunftsland eine Prognose auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Daten vorzunehmen, und zwar gerade auch, wenn die Erkenntnislage nur begrenzt sei. Wenn dem Tatsachengericht auf der Grundlage der zu seiner Überzeugung feststehenden Prognosebasis eine eigene Prognoseentscheidung nicht möglich sei, dürfe es eine an der materiellen Beweislast auszurichtende Nichterweislichkeitsentscheidung treffen. Das Gericht gehe davon aus, dass sich Italien europarechtskonform verhalten werde, entgegenstehende Anhaltspunkte bestünden nicht und ließen sich auch nicht aus der Behandlung tatsächlich Schutzberechtigter in Italien ableiten, denen die Gewährung eines Schutzstatus versagt worden sei. Immerhin hat das Gericht die Tatsachenrevision zur Frage der Situation vulnerabler anerkannter Schutzberechtigter in Italien zugelassen.

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ISSN 2943-2871