Nichtbestellung des anwaltlichen Vertreters macht Abschiebungshaft rechtswidrig

In seinem Beschluss vom 30. Dezember 2024 (Az. 5 T 277/24) hält das Landgericht Paderborn fest, dass es rechtswidrig ist, wenn ein Rechtsanwalt gemäß § 419 FamFG als Verfahrenspfleger eines Inhaftierten statt gemäß § 62d AufenthG als anwaltlicher Vertreter bestellt wird. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers habe im Freiheitsentziehungsverfahren Ausnahmecharakter, weil der Verfahrenspfleger nicht weisungsgebunden und nicht Vertreter des Betroffenen sei und sich seine Rolle sich darum grundlegend von der eines nach § 62d AufenthG zu bestellenden anwaltlichen Vertreters unterscheide. Die Verletzung der Pflicht zur Bestellung eines anwaltlichen Vertreters durch das Haftgericht mache die Haft ohne Weiteres rechtswidrig, dabei komme es nicht darauf an, dass die Anordnung der Haft auf diesem Fehler beruhe.

Das Landgericht berichtet in seinem Beschluss außerdem, dass der in dem Verfahren Betroffene am 9. Dezember 2024 in Folge eines „Behördenversehens“ und trotz einer entgegenstehenden einstweiligen Anordnung des zuständigen Verwaltungsgerichts in die Türkei abgeschoben wurde, weil im Zeitpunkt des gerichtlichen Eilbeschlusses mit der Abschiebung bereits begonnen worden war und sie „nicht mehr aufgehalten werden“ konnte (siehe dazu oben).

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Newsletter

  • Verbleibende Spielräume

    Der in dieser Einleitung zur Verfügung stehende Platz soll heute ausnahmsweise nicht dazu verwendet werden, um auf die (zahlreichen) wichtigen Entscheidungen der Woche hinzuweisen. Stattdessen geht es um die HRRF-Website, die in dieser Woche nicht nur sozusagen runderneuert wurde, damit sie noch mehr Inhalte und viele…

    Weiterlesen..

  • Herausragende Bedeutung

    Das Bundesverfassungsgericht legt nach und rügt erneut einen Grundrechtsverstoß bei der Anordnung von Abschiebungshaft, während der Bundesgerichtshof bei der Anordnung von Abschiebungshaft in einem anderen Verfahren eher großzügige Standards anwendet. Daneben geht es in dieser Woche um eine willkürliche Kostenentscheidung eines Sozialgerichts, ein beim Europäischen Gerichtshof…

    Weiterlesen..

  • Rechtsstaatliche Gesichtspunkte

    In den HRRF-Newsletter haben es diese Woche gleich drei aktuelle Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts geschafft, in denen es um rechtswidrige Abschiebungen und verweigerte Akteneinsicht, um gerichtliche Benachrichtigungspflichten bei der Anordnung von Abschiebungshaft und um die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch in Eilverfahren geht. Der Verwaltungsgerichtshof München nimmt derweil…

    Weiterlesen..

  • Praktische Wirksamkeit

    So richtig viel war nicht los in der flüchtlingsrechtlichen Rechtsprechung in dieser Woche (bitte senden Sie gerne aktuelle Entscheidungen ein!), ein wenig dann aber doch. Es geht unter anderem um die nunmehr vom Europäischen Gerichtshof entschiedene Frage, ob ein aus dem EU-Primärrecht abgeleitetes Aufenthaltsrecht von der…

    Weiterlesen..

  • Kompetentes Personal

    Der Europäische Gerichtshof hat es schon wieder getan und räumt mit der Gewohnheit offenbar vieler nationaler Asylbehörden auf, die Fristen zur Entscheidung über Asylanträge fast schon regelhaft von sechs auf 15 Monate zu verlängern. Das Verwaltungsgericht Stade mahnt derweil eine qualifizierte Auseinandersetzung mit ausländischen Flüchtlingsanerkennungen an,…

    Weiterlesen..

ISSN 2943-2871