In seinem Anfang August veröffentlichten Beschluss vom 30. Juni 2025 (Az. 2 BvR 1155/23) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Zurückweisung einer Vertrauensperson durch das Amtsgericht Gelsenkirchen im Juli 2023 verfassungswidrig war. Das Amtsgericht habe die von einem inhaftierten Ausländer benannte Vertrauensperson zurückgewiesen, sich dabei aber auf § 10 Abs. 3 FamFG als Rechtsgrundlage gestützt, der die Zurückweisung von Bevollmächtigten regele. Eine Zurückweisung von Vertrauenspersonen werde allerdings nur von § 7 FamFG geregelt, nicht auch von § 10 FamFG, so dass die Entscheidung des Amtsgerichts falsch gewesen sei. Eine solche unbegründete und in keiner Weise nachvollziehbare Wahl der falschen Rechtsgrundlage für eine gerichtliche Maßnahme, die das Amtsgericht „ohne jedes inhaltliche Argument“ getroffen habe, stelle einen so eklatanten Rechtsverstoß dar, dass die äußerste Grenze, die das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Willkürverbot der Anwendung einfachen (Prozess-)Rechts durch die Fachgerichte setze, überschritten sei.
Im Freiheitsentziehungsverfahren werden Bevollmächtigte (z.B. Rechtsanwälte) und Vertrauenspersonen unterschiedlich behandelt, was das Amtsgericht aber offenbar nicht wahrhaben wollte, obwohl es auf diesen „offenkundigen Rechtsfehler“ hingewiesen worden war. Zum Fehler des Amtsgerichts mag beigetragen haben, dass die Vertrauensperson eine von der inhaftierten Person unterschriebene Vollmacht vorgelegt hatte. Vertrauenspersonen haben im Freiheitsentziehungsverfahren aber eigene Verfahrensrechte, die sie im eigenen Namen geltend machen können, woran im Zweifel auch eine vorgelegte Vollmacht nichts ändert. In der Sache hatte das Amtsgericht die Vertrauensperson übrigens zurückgewiesen, weil sie nur in einer „für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Mustervollmacht“ bevollmächtigt worden war; dazu hat sich das Bundesverfassungsgericht leider nicht geäußert. Die Entscheidung wurde vom Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. erstritten.
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