Über die rechtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzungen rund um die deutschen Aufnahmezusagen für afghanische Staatsangehörige hat der HRRF-Newsletter gefühlt bereits unzählige Male berichtet (im Juli hier, hier und hier, im August hier und hier, im September hier, hier und hier, zuletzt im Oktober hier). So richtig ruhiger wird es nicht, weil sich die Bundesregierung offenbar nicht damit abfinden will, dass sowohl das Verwaltungsgericht Berlin als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg aus Ausnahmezusagen jedenfalls im Grundsatz auch einen Anspruch auf Visumerteilung ableiten. Stattdessen werden nun nämlich Aufnahmezusagen widerrufen oder zurückgenommen, und zwar sofort vollziehbar, und anscheinend auch in Verfahren, in denen die Bundesregierung zuvor zur Visumerteilung verurteilt wurde. Da solche Entscheidungen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg getroffen werden, ist für Klagen gegen Widerrufe und Rücknahmen in erster Instanz das Verwaltungsgericht Ansbach und in zweiter Instanz der Verwaltungsgerichtshof München zuständig. Vereinzelt wurden aus Ansbach und München schon vor dem Sommer Entscheidungen zum Widerruf von Aufnahmezusagen bekannt, jetzt wird über neue Entscheidungen berichtet, in denen die Widerrufe bzw. Rücknahmen für rechtswidrig erklärt wurden.
Parallel dazu ist Bundesinnenminister Alexander Dobrindt wegen des Umgangs der Bundesregierung mit bereits erteilten Aufnahmezusagen Mitte Oktober erneut angezeigt worden, auch das passiert inzwischen mit einer gewissen Regelmäßigkeit (siehe etwa hier und hier und hier). Wer weiß, ob Dobrindt nicht zum deutschen Salvini wird – der italienische Politiker Matteo Salvini muss sich für sein Verhalten als italienischer Innenminister 2019, als er den Zugang eines Rettungsschiffs mit Flüchtlingen zu einem italienischen Hafen blockierte, auch Mitte 2025 noch vor Gericht verantworten, ihm drohen sechs Jahre Haft.


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