Das Verwaltungsgericht Düsseldorf meint in seinem Urteil vom 31. Oktober 2025 (Az. 19 K 5866/22.A), dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat keine Bindungs- oder Sperrwirkung für das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat, sofern in Deutschland trotz der vorherigen ausländischen Flüchtlingsanerkennung ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werden muss. In diesem Fall sei § 60 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 AufenthG („[..] die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind [..]“), der das Gegenteil zu regeln scheine, im Wege einer teleologischen Reduktion einschränkend auszulegen und nicht anwendbar, wofür Systematik und Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprächen.
Die Frage, ob eine Bindung an die ausländische Flüchtlingsanerkennung besteht, ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof hatte in seinem Urteil vom 18. Juni 2024 (Rs. C-753/22) zwar gefordert, dass „die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats, diesem Antragsteller internationalen Schutz zu gewähren, und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang [zu] berücksichtigen“ seien, was aber einigen Interpretationsspielraum lässt. Unter anderem die Verwaltungsgerichte Köln und Hannover wollen § 60 Abs. 1 S. 2 AufenthG anwenden, unter anderem die Verwaltungsgerichte Hamburg und eben nun Düsseldorf nicht. Beim Bundesverwaltungsgericht ist zu dieser Frage ein Revisionsverfahren anhängig, beim Verwaltungsgerichtshof München ein Berufungsverfahren.


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