Keine ungeschriebenen gefahrenabwehrrechtlichen Ausnahmen vom Chancen-Aufenthalt

Gefahrenabwehrrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen bei der Prüfung der Erteilung eines Chancen-Aufenthaltsrechts nicht die Annahme eines Ausnahmefalles, weil der Gesetzgeber im Hinblick auf strafbares oder auch nur sicherheitsgefährdendes Verhalten ein differenziertes und insofern abschließendes Regelungskonzept normiert hat, das einen Rückgriff auf sonstige integrationsbezogene Regel-/Ausnahmeverhältnisse grundsätzlich ausschließt, meint der Verwaltungsgerichtshof München in seinem Urteil vom 31. März 2025 (Az. 10 B 24.1124).

Mit der in § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG enthaltenen Wertung, dass strafrechtliche Verurteilungen unterhalb einer differenzierenden Bagatellschwelle nicht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstünden und mit der nach dem Willen des Gesetzgebers damit einhergehenden Modifikation der allgemeinen Grundsätze über das Erteilungshindernis eines bestehenden Ausweisungsinteresses zugunsten des Ausländers habe der Gesetzgeber ein Regelungskonzept geschaffen, das nicht dadurch unterlaufen werden dürfe, dass sicherheitsrechtliche Belange zur Begründung eines Ausnahmefalles im Sinne von § 104c Abs. 1 AufenthG herangezogen würden. Auch bestehe deshalb kein Raum für die Annahme eines Ausnahmefalls bei „verstörendem“ oder „eklatant rechtswidrigem“ Verhalten, das weder strafbar sei, noch ein aktuelles Ausweisungsinteresse begründe.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Textausgabe Deutsches Migrationsrecht (nach der GEAS-Reform)

    Es ist zu erwarten, dass der Deutsche Bundestag in den kommenden Wochen die beiden deutschen Umsetzungsgesetze zur GEAS-Reform von 2024 verabschieden wird, nämlich das GEAS-Anpassungsgesetz, und, gemeinsam mit dem Bundesrat, das GEAS-Anpassungsfolgengesetz. Diese Umsetzung wird zu umfangreichen Änderungen unter anderem…

  • Links zur GEAS-Reform

    Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) im Mai 2024 wird den Flüchtlingsschutz in Deutschland und Europa verändern, zumindest in unzähligen Details, vermutlich aber jedenfalls auf einer faktischen Ebene auch im Grundsätzlichen. Die GEAS-Reform soll im Juni 2026 in Kraft…

  • Aktuelle EuGH-Urteile vom 1.8.2025

    Etwas zu spät für den HRRF-Newsletter an diesem Freitag hat der Europäische Gerichtshof heute Mittag drei Urteile zum europäischen Flüchtlingsrecht verkündet. Alle drei Urteile sind mittlerweile in deutscher Sprache verfügbar, zu zwei der drei Urteile gibt es außerdem deutschsprachige Pressemitteilungen…

ISSN 2943-2871