Amtsermittlungsgrundsatz bei Rüge des rechtswidrigen Haftvollzugs

In seinem bereits erwähnten Beschluss vom 5. Dezember 2023 (Az. XIII ZB 45/22) hält der Bundesgerichtshof die dem Haftgericht gemäß § 26 FamFG obliegende Amtsermittlungspflicht für verletzt, und die Haft damit für rechtswidrig, wenn das Gericht trotz einer Rüge eines Betroffenen nicht aufklärt, unter welchen Bedingungen der Betroffene inhaftiert war. In dem entschiedenen Verfahren hatte die Betroffene ihre Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Hof gerügt und dabei ausführlich die ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Haftbedingungen geschildert. Das Beschwerdegericht hatte diesen Vortrag mit dem Argument unberücksichtigt gelassen, dass die Betroffene nicht in der Justizvollzugsanstalt Hof untergebracht sei, sondern in der Abschiebehafteinrichtung Hof, die eine andere Anschrift habe.

Dies hielt der Bundesgerichtshof für rechtswidrig. Die Betroffene habe eine rechtswidrige Unterbringung konkret behauptet, wobei jedenfalls die vorgetragenen Einschränkungen beim Besuch und das behauptete generelle Verbot des Tragens eigener Kleidung über das hinausgingen, was für die wirksame Vorbereitung einer Abschiebung unbedingt erforderlich sei. Das Beschwerdegericht hätte diesen Vortrag nicht damit übergehen dürfen, dass die Betroffene sich nicht in einer Justizvollzugsanstalt befinde, zumal auch in der Gerichtsakte angegeben sei, dass dies doch der Fall sei, weil es sich bei der Abschiebehafteinrichtung Hof um eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Hof handele. Das Beschwerdegericht hätte demnach Feststellungen zu den dortigen Haftbedingungen treffen und prüfen müssen, ob diese den gesetzlichen Anforderungen an die Haftbedingungen genügten.

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ISSN 2943-2871