Wenn ein Schutzsuchender gemäß Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der EU-Qualifikationsrichtlinie wegen einer in der Vergangenheit begangenen schweren nichtpolitischen Straftat von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden soll, dann muss der Umstand berücksichtigt werden, dass der Schutzsuchende die wegen dieser Straftat verhängte Strafe bereits verbüßt hat, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. April 2025 (Rs. C-63/24). Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie wolle verhindern, dass Personen als Flüchtling anerkannt werden, die als des damit verbundenen Schutzes unwürdig angesehen würden, und dass sie sich ihrer strafrechtlichen Verantwortung entziehen. Die Berücksichtigung der Strafverbüßung verstoße nicht gegen diese beiden Ziele, sondern sei vielmehr bei der Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls zwingend zu berücksichtigen.
Der Gerichtshof hat sich indes nicht dazu geäußert, wie der Umstand einer Strafverbüßung inhaltlich zu berücksichtigen sein soll, und auch der UNHCR äußert sich in seinen Anwendungshinweisen zu Art. 1F GFK (dort Rn. 23) nicht wirklich deutlicher. Für die Praxis ist immerhin gewonnen, dass eine Ausschlussentscheidung, die eine stattgefundene Strafverbüßung nicht thematisiert, ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sein wird.
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