Das bloße Fehlen konkreter behördlicher Bemühungen zur Durchführung einer Abschiebung erfüllt für sich allein keinen der gesetzlich normierten Duldungstatbestände, sodass ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung geschlossen werden kann, sagt der Verwaltungsgerichtshof Kassel in seinem Beschluss vom 10. April 2025 (Az. 3 B 478/25). Allerdings habe die Ausländerbehörde bei der Entscheidung, ob sie eine Duldung erteile, oder ob sie die Ausreisepflicht nach § 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG verlängern und eine entsprechende Bescheinigung ausstellen wolle, eine Prognoseentscheidung über die Durchführbarkeit der Abschiebung zu treffen. Komme sie dabei zu dem Ergebnis, dass die Abschiebung nicht ohne Verzögerung durchgeführt werden könne oder der Zeitpunkt der Abschiebung ungewiss sei, müsse sie eine Duldung erteilen, wobei für den zeitlichen Maßstab auf die bis August 2007 in § 50 Abs. 2 Satz 2 AufenthG enthaltene maximale Ausreisefrist von sechs Monaten zurückgegriffen werden könne.
Es bedarf schon einiger Phantasie, sich auf eine bereits vor fast 18 Jahren außer Kraft getretene Fristenregelung zu berufen und der Ausländerbehörde so einen zeitlichen Spielraum zu verschaffen, den es an sich nicht geben darf: Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21. März 2000 (Az. 1 C 23.99) klar entschieden, dass dann, wenn der Zeitpunkt der Abschiebung ungewiss ist, also noch nicht feststeht, eine Duldung erteilt werden muss. Wenn der Gerichtshof demgegenüber lapidar darauf verweist, dass § 97a AufenthG das Offenbaren von Informationen über den Zeitpunkt einer geplanten Abschiebung unter Strafe stellt, dann ist das mit dem (noch geltenden) Amtsermittlungsgrundsatz im Verwaltungsprozess (§ 86 Abs. 1 VwGO) doch nicht zu vereinbaren.
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