Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Ausweisung eines faktischen Inländers

Das Bundesverfassungsgericht hält in seinem Beschluss vom 18. April 2024 (Az. 2 BvR 29/24) eine Verfassungsbeschwerde für offensichtlich begründet, die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs München vom 18. Dezember 2023 (Az. 10 ZB 23.1200) erhoben wurde. In dem Verfahren hatten die Vorinstanzen eine Ausweisung des Beschwerdeführers wegen Gewaltstraftaten und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln für rechtmäßig gehalten. Das, so das BVerfG, habe die verfassungsrechtliche Pflicht der Gerichte aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, alle für die Abwägung in Ausweisungssachen wesentlichen Umstände zu erkennen, zu ermitteln und diese mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Die konkrete Würdigung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände zu seiner Verwurzelung in Deutschland und der Entwurzelung hinsichtlich des Kosovo entspreche nicht den verfassungsrechtlich gebotenen Maßstäben, insbesondere der Notwendigkeit, die aktuelle Entwicklung seit der Aussetzung von Unterbringung und Reststrafe mit besonderer Sorgfalt auszuwerten und zu berücksichtigen. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Verwaltungsgerichtshof das Bestehen einer ernsthaften Wiederholungsgefahr in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Argumentationstiefe begründet habe, auch fehle es an einer ernsthaften Berücksichtigung des Umstands, dass der Beschwerdeführer in München geboren und aufgewachsen sei, dort die mittlere Reife erlangt habe und sein Leben ausschließlich legal im Bundesgebiet geführt habe, wo auch wesentliche Teile seiner Familie und sein sonstiges soziales Umfeld lebten. Auch das Verwaltungsgericht habe den Status des Beschwerdeführers als faktischen Inländer im Rahmen der Abwägung der Bleibe- und Ausweisungsinteressen lediglich bagatellisierend erwähnt.

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ISSN 2943-2871