Flüchtigsein im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO ist mehr als eine vorübergehende kurze Unerreichbarkeit, meint das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 6. November 2025 (Az. 22 L 3744/25.A), kann aber vorliegen, wenn eine „strukturelle ganz überwiegende Ortsabwesenheit“ vorliegt. Bleibe ein Überstellungsversuch wegen bloß einmaligen Nichtantreffens des Betroffenen an dem ihm zugewiesenen Aufenthaltsort und ohne Anhaltspunkte für eine längere Ortsabwesenheit erfolglos, begründe dies regelmäßig noch kein Flüchtigsein, weil ein Asylantragsteller nicht verpflichtet sei, sich ununterbrochen zum Zwecke einer Überstellung in seiner Wohnung oder Unterkunft bereitzuhalten. Von einem Flüchtigsein könne jedoch ausgegangen werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine strukturelle ganz überwiegende Ortsabwesenheit des Antragstellers dergestalt vorlägen, dass er generell zu den üblichen Abholzeiten in der ihm zugewiesenen Unterkunft im Sinne eines gezielten Ab- und Wiederauftauchens nicht anwesend oder auffindbar sei.
Die Konsequenz von Flüchtigsein ist, dass sich die Dublin-Überstellungsfrist auf bis zu 18 Monate (Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO) verlängert. Interessant ist an dem Beschluss aber vor allem, dass er detailliert die „Bewegungsprotokolle“ beschreibt, in denen die Ausländerbehörde die An- und Abwesenheit des Betroffenen in der Aufnahmeeinrichtung festgehalten hat: „So verließ er am 12. Mai 2025 (konkret: um 11:07 Uhr) die Unterkunft und betrat sie erst am 19. Mai 2025 (konkret: um 11:19 Uhr) wieder“ usw. Die im Entwurf des GEAS-Anpassungsgesetzes vorgesehenen neuen § 47a bzw. § 68 AsylG (Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen zur Durchführung von Verfahren bei Sekundärmigration) wollen so ein Verhalten künftig unterbinden, indem Behörden anordnen dürfen, dass Antragsteller eine Aufnahmeeinrichtung nicht verlassen dürfen, selbst wenn sie es physisch könnten, und dass Verstöße gegen solche Anordnungen zur Anordnung von Haft führen.


Schreibe einen Kommentar