An einer kreativen Auslegung der Urteile des Bundesverwaltungsgericht vom 17. August 2021 versucht sich das Verwaltungsgericht Augsburg in seinem Beschluss vom 26. Juni 2023 (Az. Au 8 E 23.50175). Das BVerwG hatte festgehalten, dass ein erfolgloser Dublin-Überstellungsversuch wegen einmaligen Nichtantreffens des Betroffenen an dem ihm zugewiesenen Aufenthaltsort und ohne Anhaltspunkte für eine längere Ortsabwesenheit noch nicht die Voraussetzung für ein „Flüchtigsein“ im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO erfülle. Das VG Augsburg will das nun auf Fallkonstellationen beschränken, in denen Betroffene zur Selbstgestellung aufgefordert wurden, weil das in dem vom BVerwG entschiedenen Verfahren nun einmal so gewesen sei. Bei einer bloßen Mitteilung eines Abschiebungstermins sehe es anders aus und solle die einfache Abwesenheit von der zugewiesenen Unterkunft ausreichen, um Flüchtigsein zu begründen.
So richtig überzeugend ist diese etwas gewollte Differenzierung nun wohl nicht und das VG Augsburg versucht sich nicht einmal an einer Argumentation, warum die Situationen nicht vergleichbar sein sollen. Der europäische Gesetzgeber bessert parallel ohnehin nach und hat im jüngsten Entwurf der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement vom 23. Juni 2023 (Rats-Dokument 10443/1/23) eine Legaldefinition ergänzt. Danach ist flüchtig, wer sich „der Verfügung der zuständigen Behörden oder Justizbehörden aus Gründen entzieht, [..] die nicht außerhalb der Kontrolle der betreffenden Person liegen, wie etwa [..] durch Nichtmitteilung des Fernbleibens von einem bestimmten Unterbringungszentrum oder einem zugewiesenen Gebiet oder Wohnort, wenn dies von einem Mitgliedstaat verlangt wird, oder das Versäumnis, bei den zuständigen Behörden vorstellig zu werden, wenn dies von diesen Behörden verlangt wird [..]“. Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Anfang 2024 abgeschlossen werden.
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