Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 2. August 2023 (Az. 2 BvR 593/23) eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 4. April 2023 (Az. 5 B 1613/22 SN) zwar wegen nicht hinreichender Substantiierung nicht zur Entscheidung angenommen, dem Verwaltungsgericht aber gleichwohl einige deutliche Worte mit auf den Weg gegeben. In dem Verfahren ging es darum, ob die Anordnung einer Dublin-Überstellung nach Italien angesichts der dort bestehenden systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens zulässig war, und zwar gerade vor dem Hintergrund der seit Dezember 2022 bekannten Weigerung Italiens, an Dublin-Überstellungen mitzuwirken. Die Verfassungsbeschwerde hatte dem Verwaltungsgericht vorgeworfen, die italienischen Rundschreiben vom 5. und 7. Dezember 2022 in seinem Beschluss ignoriert und damit gegen den Ermittlungsgrundsatz verstoßen zu haben.
Es spreche einiges dafür, so das BVerfG, dass das Verwaltungsgericht den Anforderungen von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, nämlich der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, nicht gerecht geworden sei. Vor allem habe es versäumt, sich im Rahmen der Amtsermittlung über die aktuelle Aufnahmesituation in Italien zu informieren und die Mitteilungen hinsichtlich des Aufnahmestopps zu berücksichtigen, obwohl dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich gewesen wäre. Italien gehöre zu denjenigen Dublin-Staaten, die in besonderer Weise von häufig und in erheblichem Umfang wechselnden politischen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen betroffen seien, die sich über Einzelaspekte hinaus auf die generelle Fähigkeit oder Bereitschaft auswirkten, den Verpflichtungen im Rahmen des Dublin-Systems zu entsprechen. Die Anordnung, ab sofort und für einen nicht näher bestimmten beziehungsweise begrenzten Zeitraum keinerlei Rücküberstellungen mehr zu akzeptieren, stelle einen sämtliche Fälle von Rücküberstellungen nach Italien in Dublin-Verfahren gleichermaßen entscheidungserheblich betreffenden Umstand dar, dessen Berücksichtigung in allen anhängigen Verfahren geboten sei. In die erst im April 2023 ergangene angegriffene Entscheidung des VG Schwerin hätte diese Erkenntnislage einbezogen werden müssen.