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Ausgabe 14 • 24.9.2021

Der EGMR und die Wilde 13

In nicht weniger als dreizehn Eilverfahren hat das Legal Centre Lesvos im laufenden Jahr einstweilige Maßnahmen gegen Griechenland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beantragt - und meistens auch erhalten. Über das neueste Verfahren wird in dieser Ausgabe berichtet, außerdem über Entscheidungen zur Verfahrensduldung, zur Verletzung rechtlichen Gehörs und zu asyl- und ausländerrechtlichen Revisionen.

EGMR: Vorläufige Maßnahme gegen Griechenland zu Aufnahmebedingungen

Laut einer Pressemitteilung des Legal Centre Lesvos vom 22. September 2021 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 30. August 2021 eine einstweilige Maßnahme gegen Griechenland erlassen, die das Land dazu verpflichtet, für den besonders schutzbedürftigen Beschwerdeführer in Anbetracht seines Gesundheitszustandes angemessene Aufnahmebedingungen und medizinische Versorgung sicherzustellen. Der Asylantrag des Beschwerdeführers war zuvor von den griechischen Behörden abgelehnt worden, weil er aus einem sicheren Drittstaat, nämlich der Türkei, nach Griechenland eingereist war.

Keine Verfahrensduldung bei § 25a Abs. 2 AufenthG und § 25b AufenthG

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hat in seinem Beschluss vom 13. September 2021 (Az. 3 B 295/21) die Voraussetzungen einer Verfahrensduldung bei Anträgen auf Aufenthaltserlaubnisse nach § 25a Abs. 2 AufenthG und § 25b AufenthG erläutert. Eine solche Duldung scheide zwar grundsätzlich aus, sofern keine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG eintrete, könne jedoch in besonderen (hier nicht vorliegenden) Konstellationen aber dennoch in Frage kommen.

Verletzung rechtlichen Gehörs durch Ablehnung einer Terminsverlegung

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hat mit Beschluss vom 8. September 2021 (Az. 6 A 743/19.A) in einem asylgerichtlichen Verfahren auf Zulassung der Berufung eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darin gesehen, dass einem begründeten Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger auf Terminsverlegung nicht stattgegeben wurde. Liege ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung im Sinne von § 173 VwGO in Verbindung mit § 227 ZPO vor, müsse ein anberaumter Termin verlegt werden und dürfe nicht in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten verhandelt werden.

Keine Zulassung der Revision bei bloß falscher Rechtanwendung

Mit Beschluss vom 3. August 2021 (Az. 1 B 36.21) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der bloße Einwand, das Berufungsgericht habe vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Maßstäbe nicht berücksichtigt, nicht zur Zulassung der Revision im Asylverfahren führe. Weder der Vortrag, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt tatsächlich oder rechtlich falsch gewürdigt, noch der Einwand, das Berufungsgericht sei von einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs abgewichen, sei nach § 132 VwGO für die Zulassung der Revision erheblich.

Keine Zulassung der Revision in Hinblick auf Verbrauch eines Ausweisungsgrunds

In seinem Beschluss vom 21. Juli 2021 (Az. 1 B 29.21) hat das Bundesverwaltungsgericht die an den Verbrauch einer Ausweisungsgrunds zu stellenden Anforderungen klargestellt. Insbesondere dürften Ausweisungsgründe einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht seien bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet habe; der dem Ausländer durch Verbrauch bzw. Verzicht vermittelte Vertrauensschutz stehe jedoch unter dem Vorbehalt, dass sich die für die behördliche Entscheidung maßgeblichen Umstände nicht änderten.