In seinem Beschluss vom 14. Oktober 2021 (Az. 4 A 435/21.A) führt das Oberverwaltungsgericht Bautzen aus, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge trotz der Zustellungsfiktion des § 10 Abs. 4 S. 4 2. HS AsylG zur erneuten Zustellung eines Asylbescheids verpflichtet sei, wenn der Betroffene vor Ablauf der Klagefrist seine neue Anschrift mitgeteilt habe. Das Gebot eines fairen Verfahrens, der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz sowie der Anspruch auf rechtliches Gehör machten eine verfassungskonforme Auslegung von § 10 AsylG erforderlich, daher habe das Bundesamt so zu handeln, dass ein auf Unkenntnis des Bescheid beruhender Rechtsverlust vermieden werde, soweit es mit den Vorgaben des § 10 AsylG vereinbar sei. Offen bleibt allerdings, und das ist vielleicht eine Schwäche des ansonsten erfreulichen Beschlusses, wann („soweit“) diese (gesetzgeberischen) Vorgaben eine solche verfassungskonforme Auslegung zulassen sollen und wann nicht.
Eine Abschiebung verstoße gegen Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 60a Abs. 2. S. 1 AufenthG, wenn die deutsche nichteheliche Lebenspartnerin eines Ausländers schwer erkrankt und auf seine Fürsorge und seinen Beistand angewiesen sei, so das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in seinem Beschluss vom 24. September 2021 (Az. 2 M 118/21). Dies gelte insbesondere, so das OVG, wenn abzusehen sei, dass die Abschiebung zu einer längerfristigen Trennung führen würde. Das OVG überträgt hier praktisch die aus Art. 6 GG abgeleiteten aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen einer ehelichen Beistandsgemeinschaft (siehe BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 2011 (Az. 2 BvR 1367/10), Rn. 16) auf die vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK umfasste nichteheliche Lebensgemeinschaft.
Deutet das Haftgericht einen Haftaufhebungsantrag in eine Haftbeschwerde um, die zudem noch bereits verfristet ist, kann dies unvertretbar sein und gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. September 2021 (Az. 2 BvR 955/17). Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebiete es den Gerichten, das Verfahrensrecht so anzuwenden, dass den erkennbaren Interessen des rechtssuchenden Bürgers bestmöglich Rechnung getragen werde; dieser Maßstab sei jedenfalls verletzt, wenn das Haftgericht das erkennbar verfolgte Rechtsschutzziel in seiner Entscheidung verschleiere. Das BVerfG wird in diesem Beschluss erfreulich deutlich und wirft dem Amtsgericht und dem Landgericht Frankfurt am Main letztlich eine bewusste Fehlinterpretation des Haftaufhebungsantrags vor.
Der Bundesgerichtshof hat in zwei Beschlüssen vom 31. August 2021 (Az. XIII ZB 81/20 und XIII ZB 82/20) die Anforderungen an die Begründung der beantragten Haftdauer im Falle einer geplanten unbegleiteten Abschiebung innerhalb Europas präzisiert, wenn Reisedokumente bereits vorliegen. In einem solchen Fall, so der BGH, könne Abschiebungshaft nicht pauschal für einen Zeitraum von vier Wochen beantragt werden, vielmehr müssten Angaben zu Terminen und Frequenz nutzbarer Flugverbindungen und zur Buchungslage gemacht werden. Der BGH führt mit diesen Beschlüssen seine ständige Rechtsprechung zum erforderlichen Detaillierungsgrad von Haftanträgen fort.
Eine beantragte Haftdauer von mehr als sechs Wochen für eine begleitete Abschiebung müsse konkret, nicht pauschal, begründet werden, so der Bundesgerichtshof in zwei Beschlüssen vom 31. August 2021 (Az. XIII ZB 56/19 und XIII ZB 90/19). Dies umfasse etwa Angaben zur Art des Fluges, zur Buchungslage der in Betracht kommenden Luftverkehrsunternehmen, zur Anzahl der Begleitpersonen und zur Personalsituation. Der BGH führt mit diesen Beschlüssen seine ständige Rechtsprechung zum erforderlichen Detaillierungsgrad von Haftanträgen fort.