Mit Urteil vom 31. März 2022 (Verf. 49775/20, N.B. u.a. gg. Frankreich) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die zweiwöchige Inhaftierung eines achtjährigen Kindes in einer Abschiebungshafteinrichtung in Frankreich gegen Art. 3 EMRK verstoßen habe. Das junge Alter des Kindes, die Haftbedingungen sowie die Dauer der Inhaftierung hätten dazu geführt, so der EGMR, dass die für eine Verletzung von Art. 3 EMRK geforderte Schweregrenze überschritten worden sei, obwohl das Kind von seinen Eltern begleitet wurde. Dabei sei auch das Verhalten der Eltern, die einen Abschiebungsversuch vereitelt hätten, unerheblich für die Beurteilung der Frage, ob die Schwelle für die Annahme einer Verletzung von Art. 3 EMRK in Bezug auf das minderjährige Kind überschritten worden sei.
Eine zwangsweise Unterbringung eines Asylsuchenden in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses stelle keine Inhaftierung im Sinne von Art. 29 Abs. 2 S. 2 der Dublin-III-VO dar, so der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 31. März 2022 (Rs. C-231/21). Bereits der Wortlaut der Vorschrift lege nahe, dass eine zwangsweise Unterbringung etwas anderes als eine Inhaftierung sei, außerdem folge auch aus dem Zweck der Regelung, d.h. der Verlängerung einer Überstellungsfrist in bestimmten Situationen, dass nur solche Arten von Freiheitsentziehung von ihr umfasst seien, die der Betroffene vorwerfbar herbeigeführt habe, so der EuGH.
Ein polnisches Bezirksgericht in Bielsk Podlaski hat mit Beschluss vom 28. März 2022 (Az. VII Kp 203/21) entschieden, dass die Festnahme einer Gruppe afghanischer Flüchtlinge an der polnischen Ostgrenze Ende August 2021 und ihre anschließende Zurückschiebung nach Belarus rechtswidrig war. Die Festnahme der Flüchtlinge zu einem Zeitpunkt, als sie die polnische Grenze bereits überschritten hatten, sei von keiner Rechtsgrundlage gedeckt gewesen, so das Gericht, auch nicht von der sogenannten Pushback-Verordnung des polnischen Innenministeriums, die ebenfalls rechtswidrig sei. Die Flüchtlinge wurden in diesem Verfahren von der polnischen NGO Stowarzyszenie Interwencji Prawnej unterstützt.
Für die Anwendbarkeit der Regelungen über Zweitanträge (§ 71a AsylG) sei der maßgebliche Zeitpunkt für den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat der Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland und nicht erst der etwaige spätere Zeitpunkt des Übergangs der internationalen Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland, so das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 25. Februar 2022 (Az. 8 A 1051/21). Dies, so das VG Hamburg, folge bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1 Asyl. Hätte der Gesetzgeber regeln wollen, dass ein Zweitantrag nur vorliege, wenn das in einem sicheren Drittstaat betriebene Asylverfahren bis zum Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland erfolglos abgeschlossen sei, hätte er dies im Gesetzestext oder jedenfalls in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringen können bzw. müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Die Frage des hier anzuwendenden Zeitpunkts ist in der Rechtsprechung umstritten, das VG Hamburg setzt sich ausführlich mit den verschiedenen Ansichten auseinander.
Mit Beschluss vom 22. März 2022 (Az. 9 LA 242/21) hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden, dass die Stellung eines Asylantrags erst ein Jahr nach Einreise nicht unverzüglich im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylG sei, während bei einem Zeitraum von lediglich drei Monaten noch von Unverzüglichkeit ausgegangen werden könne. Das OVG hat außerdem klargestellt, dass die Abweichung eines Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich nicht mit der Divergenzrüge angegriffen könne, und dass eine Zulassung wegen Divergenz ohnehin nicht in Betracht komme, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts zwar von der Rechtsprechung eines divergenzfähigen Gerichts abweiche, sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen offenkundig als richtig erweise, d. h. nicht auf der Abweichung beruhe.
Mit Beschluss vom 25. März 2022 (Az. 2 PA 91/21) hat das Oberverwaltungsgericht Bremen entschieden, dass einer Verteilung nach § 15a AufenthG während des Mutterschutzes regelmäßig zwingende Gründe entgegenstehen oder jedenfalls ein Vollstreckungshindernis vorliege, wenn die Mutterschutzzeit noch mehrere Monate andauere.