Deutschland hat Anfang 2024 mit dem durch das Rückführungsverbesserungsgesetz neugefassten § 59 Abs. 3 S. 1 AufenthG von der in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der EU-Rückführungsrichtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Rückführungsrichtlinie nicht (mehr) auf Personen anzuwenden, deren Ausreisepflicht aus einer strafrechtlichen Verurteilung folgt. Das kann aber nur für Ausländer gelten, so jetzt der Verwaltungsgerichtshof München in seinem Beschluss vom 27. Mai 2025 (Az. 10 ZB 25.793), die erst nach Inkrafttreten der Neuregelung ausreisepflichtig werden. Der Europäische Gerichtshof habe bereits 2013 klargestellt, dass ein Mitgliedstaat, der erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Rückführungsrichtlinie von der Opt-out-Klausel der Richtlinie Gebrauch mache, sich nicht rückwirkend auf diese Ausnahmeregelung berufen könne, da sich die Situation für diejenigen Personen, die bereits zuvor in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie gefallen seien, nicht verschlechtern dürfe.
In dem Verfahren hatte die beklagte Behörde eine vor Inkrafttreten des Rückführungsverbesserungsgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung später, d.h. nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen und gleichzeitig eine neue Abschiebungsandrohung erlassen, und wollte so den durch die Anwendbarkeit der Rückführungsrichtlinie gewährten Schutz umgehen. Das fand der Verwaltungsgerichtshof nicht überzeugend: Wenn der Schutz der Rückführungsrichtlinie schon nicht durch eine mitgliedstaatliche Opt-out-Erklärung allgemein rückwirkend beseitigt werden kann, dann muss das erst Recht für entsprechende Handlungen der Verwaltung im Einzelfall gelten.
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