Kein Schutz für ukrainischen Wehrdienstverweigerer

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hält die Furcht vor Strafverfolgung und Inhaftierung eines ukrainischen Staatsangehörigen nach der Verweigerung des Wehrdienstes in der Ukraine in seinem Beschluss vom 20. November 2023 (Az. 4 LB 466/20 OVG) für nicht asylrelevant. Nach den allgemeinen Haftbedingungen in der Ukraine sei es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein Strafgefangener während seiner Haft in der Ukraine einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sei, dafür gäbe es im entschiedenen Verfahren aber keine Hinweise. In den westukrainischen Gebieten, aus denen der Kläger stamme und die das Gericht daher als allein relevant zur Beurteilung der Kriegsauswirkungen ansah, lägen ohne das Hinzutreten individuell gefahrerhöhender Umstände keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, dass einem ukrainischen Staatsangehörigen eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen bewaffneten Konflikts drohe. Der Schutzbereich schließlich von Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit), aus dem ein Recht auf einen Wehrersatzdienst abgeleitet werde, sei hier nicht berührt, weil der Kläger den Wehrdienst gar nicht aus Gewissensgründen verweigert habe, sondern nur deswegen, weil er Angst habe, getötet zu werden oder andere Menschen töten zu müssen. Das stelle zwar eine nachvollziehbare Motivation dar, diene aber in erster Linie dem Selbstschutz, statt von grundsätzlichen moralischen, „sittlichen“ Bedenken geleitet zu sein.

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ISSN 2943-2871