Den Anwendungsvorrang des Europarechts im Allgemeinen und der Dublin-III-Verordnung im Besonderen musste das Amtsgericht Pasewalk in zwei Beschlüssen vom 29. Juli 2025 (Az. 305 XIV 84-87/25) und vom 1. August 2025 (Az. 305 XIV 99/25) erklären, in denen es um Anträge der Bundespolizei auf Haft zur Sicherung der Zurückschiebung von Ausländern ging, die offenbar von Polen aus nach Deutschland eingereist waren. In beiden Verfahren hatten die Betroffenen gegenüber der Bundespolizei erklärt, einen Asylantrag stellen zu wollen, gleichwohl hatte die Polizei daran festgehalten, die Betroffenen gemäß § 57 Abs. 2 AufenthG nach Polen zurückschieben zu wollen. Das gehe so nicht, meinte das Amtsgericht, weil der Anwendungsbereich der Zurückschiebung auf Grundlage von § 57 Abs. 2 AufenthG nur dann eröffnet sei, soweit es sich bei den Betroffenen nicht um Asylbewerber handele, und nur für solche Fälle über § 57 Abs. 3, 62 Abs. 3 AufenthG die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung beantragt und angeordnet werden könne. In den beiden Verfahren hätte stattdessen § 18 Abs. 1 AsylG angewendet werden müssen, so dass die richtige Haftart die Haft zur Sicherung der Überstellung eines Ausländers in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union (Überstellungshaft) gewesen wäre und das haftgerichtliche Verfahren sich in diesem Fall ausschließlich nach Art. 28 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung gerichtet hätte.
Die Polizei wollte die Sicherungshaft bis zur Zurückschiebung offenbar im Polizeigewahrsam vollziehen und verzichtete in einem der Verfahren (Az. 305 XIV 99/25) auf eine Umstellung ihres Haftantrags, weil keine Hafteinrichtungen vorhanden seien, die den gesetzlichen Anforderungen an den Haftvollzug entsprechen würden. Unabhängig davon, dass die beantragte Haft schon wegen der Nichterfüllung der Haftvoraussetzungen der vorrangig anzuwendenden Dublin-Regelungen rechtswidrig gewesen wäre, fand das Amtsgericht auch ein paar klare Worte dazu, dass die Polizei schlichtweg verpflichtet gewesen wäre, die Betroffenen unverzüglich in eine dem Gesetz entsprechende spezielle Hafteinrichtung zu überführen. Einen anwaltlichen Vertreter hat das Amtsgericht in analoger Anwendung von § 62d AufenthG übrigens auch bestellt: Es sei verfassungsrechtlich problematisch, dass § 57 Abs. 3 AufenthG nicht auf § 62d AufenthG verweise, weswegen die analoge Anwendung des § 62d AufenthG unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes und der Gleichbehandlung vor Gericht angemessen und notwendig erscheine.
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