Lange Bearbeitungsdauer einer Einbürgerung ist hinzunehmen

Die (befristete) Aussetzung eines gerichtlichen Verfahrens gemäß § 75 S. 3 VwGO nach Erhebung einer Untätigkeitsklage in einem Einbürgerungsverfahren ist rechtmäßig, wenn die zuständige Behörde überlastet ist und eine solche Überlastung auf einer signifikanten sowie zugleich unerwarteten Erhöhung der Antragszahlen beruht, ohne dass gleichzeitig ein strukturelles Organisationsdefizit vorliegt, sagt das Oberverwaltungsgericht Saarlouis in seinem Beschluss vom 21. Mai 2025 (Az. 2 E 16/25). Die zuständige Behörde habe detailliert und schlüssig dargelegt, mit welchen Maßnahmen sie personell und organisatorisch auf ihre unerwartete Überlastung reagiert habe, und habe sowohl eine Umstrukturierung und Optimierung der bisherigen Verfahrensweise geschildert als auch die erfolgte Personalverstärkung nachgewiesen. Unter solchen Umständen sei das Verwaltungsgericht gemäß § 75 S. 3 VwGO zur Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens sogar verpflichtet. Zwar solle § 75 VwGO verhindern, dass die Behörde dem Bürger durch Untätigbleiben die Möglichkeit eines wirksamen Rechtsschutzes nehmen könne, allerdings lasse sich weder aus Art. 19 Abs. 4 GG noch aus § 75 VwGO das Gebot einer von vornherein bestimmten höchstzulässigen Dauer des Verfahrens ableiten.

Der Beschluss beschreibt das ganze Elend des Behördenalltags in Einbürgerungsverfahren in vielen Details, unter anderem geht es um lange Wartelisten, zur Hilfe geholte Praktikanten von Fachoberschulen, „Nachpersonalisierung“, „Aufpersonalisierung“, „haushalterische Zwänge“, kostenintensiven Fachseminare, das unerwartete Ausscheiden mehrerer Sachbearbeiter und natürlich um den allgemeinen Fachkräftemangel.

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ISSN 2943-2871