Menschenrechtliche Dimension der Eheschließungsfreiheit

Der in § 27 Abs. 1a Nr. 2 AufenthG referenzierte Grundsatz der Eheschließungsfreiheit hat eine grund- und menschenrechtliche Dimension, meint das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 26. März 2025 (Az. 39 K 472/24 V), und rechtfertigt darum, dass tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme einer abgenötigten Eingehung der Ehe ausreichen und eine volle richterliche Überzeugungsbildung insoweit nicht erforderlich ist. Ob die Anwendung des Ausschlussgrundes des § 27 Abs. 1a Nr. 2 AufenthG ausscheide, wenn trotz zunächst abgenötigter Eingehung der Ehe der Ehepartner die Ehe nunmehr aufgrund eines geänderten Willensentschlusses aus freien Stücken führen möchte, könne offenbleiben, weil dies jedenfalls voraussetze, dass sich ein derartiger, von äußerem Druck freier Wille zur vollen richterlichen Überzeugung feststellen lasse, was im entschiedenen Verfahren nicht der Fall sei.

Das Gericht wendet zwei verschiedene Beweismaßstäbe an: Bloße Anhaltspunkte sollen reichen, um eine abgenötigte Eheeingehung und damit den Ausschluss des Ehegattennachzugs zu rechtfertigen, während der anschließende Gegenbeweis ungleich schwerer ist, nämlich zur vollen richterlichen Überzeugung geführt werden muss. Das überzeugt nicht, weil die vom Gericht ins Feld geführte menschenrechtliche Dimension doch in beide Richtungen wirkt, ist aber im Wortlaut des Gesetzes so angelegt.

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ISSN 2943-2871