Mögliche Auslieferungshindernisse müssen aufgeklärt werden

Es verletzt das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn im Auslieferungsverfahren einem Vortrag zu möglichen Auslieferungshindernissen nicht nachgegangen wird, sagt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Mai 2024 (Az. 2 BvR 1694/23), zu dem es auch eine Pressemitteilung veröffentlicht hat. In dem Verfahren hatte der Beschwerdeführer, der in die Türkei ausgeliefert werden sollte, einen Suizidversuch unternommen und war weiter suizidgefährdet, das zuständige Oberlandesgericht hatte aus Sicht des BVerfG nicht ausreichend aufgeklärt, ob der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers Maßnahmen zur Verhinderung eines erneuten Suizidversuchs gebieten könnte, und außerdem die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht berücksichtigt. Mehrere ärztliche Stellungnahmen, so das BVerfG, hätten das Risiko eines erneuten Suizidversuchs aus fachlicher Sicht als hoch beurteilt und von einer Auslieferung des Beschwerdeführers in die Türkei dringend abgeraten. Soweit das Oberlandesgericht wiederholt auf die Möglichkeit einer psychologischen Betreuung in der türkischen Justizvollzugsanstalt Yalvaç verwiesen habe, bleibe schon ungeklärt, ob dies für eine adäquate Behandlung des suizidalen Beschwerdeführers genüge. Ein pauschaler Verweis hierauf sei jedenfalls aufgrund der Vorgeschichte im Fall des Beschwerdeführers nicht ausreichend. Die LTO berichtet ebenfalls über diese Entscheidung.

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ISSN 2943-2871