Ein erstinstanzliches nationales Gericht, das über einen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines Asylantrags entscheiden soll, muss über die Befugnis verfügen, eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers anzuordnen, wenn es die Inanspruchnahme dieser Untersuchung für die Beurteilung des Antrags für erforderlich oder sachdienlich erachtet, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 3. April 2025 (Rs. C-283/24). Eine solche Befugnis ergebe sich aus Art. 46 Abs. 3 der EU-Asylverfahrensrichtlinie, die eine umfassende Ex-nunc-Prüfung durch das nationale Gericht vorsehe und die sich auch auf Tatsachen erstrecke. Nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie sei es zwar Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Verfahrensmodalitäten für eine solche Prüfung zu regeln, jedoch unter der Voraussetzung, dass diese Modalitäten die Ausübung des aus Art. 46 der EU-Asylverfahrensrichtlinie folgenden Rechts des Antragstellers auf einen wirksamen Rechtsbehelf nicht praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten. Sollte sich eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts als unmöglich erweisen, seien Unionsnormen wie Art. 46 Abs. 3 der EU-Asylverfahrensrichtlinie unmittelbar anzuwenden.
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