Schweigen ist (manchmal) keine Dublin-Zustimmung

Das Verwaltungsgericht Hamburg geht in seinem Beschluss vom 14. April 2023 (Az. 7 AE 1475/23) davon aus, dass Schweigen eines Dublin-Staats auf ein Selbsteintrittsersuchen nach Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO keine Zustimmung bedeutet und somit auch keinen Dublin-Zuständigkeitsübergang auslöst. Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO sehe zwar eine Zweimonatsfrist zur Beantwortung eines solchen Ersuchens vor, enthalte aber keine Stattgabefiktion. Eine ergänzende Anwendung der in Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO enthaltenen Stattgabefiktion auf Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO verbiete sich nicht nur wegen des Wortlauts von Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO, sondern auch aus systematischen Gründen und mit Blick auf den jeweiligen Zweck der Regelung. Die Stattgabefiktion sei Teil der Bestimmungen zum Aufnahmeverfahren (Kapitel VI), das sich auf die materiellen Zuständigkeitskriterien in Kapitel III beziehe und diese um die zur praktischen Anwendung erforderlichen Verfahrensvorschriften ergänze. Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung stehe hingegen sowohl nach der textlichen Gliederung (in Kapitel IV) als auch nach seinem Inhalt selbständig neben diesen Zuständigkeitskriterien und neben dem zugehörigen Verfahren.

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ISSN 2943-2871