Das erst- und letztinstanzlich für Klagen gegen Asylbescheide zuständige schweizerische Bundesverwaltungsgericht hat in einem Referenzurteil vom 11. September 2025 (Az. D-2590/2025) entschieden, dass die Aufnahmesituation von schutzberechtigten Familien mit Kindern in Griechenland nicht so unsicher ist, dass eine Überstellung nach Griechenland von vornherein nicht in Frage kommt. Von Familien dürften trotz der schwierigen Ausgangslage im Rahmen ihrer Möglichkeiten konkrete Anstrengungen erwartet werden, sich ein Leben in Griechenland aufzubauen, ihre Lebenssituation dort nachhaltig zu sichern und sich bei Bedarf an staatliche Einrichtungen oder Sozialbehörden sowie an karitative Organisationen zu wenden, um allenfalls notwendige Hilfe zu erhalten. Etwas anderes gelte nur, wenn Betroffene aufzeigen könnten, dass es ihnen trotz zumutbarer Anstrengungen nicht gelungen sei, sich in Griechenland eine menschenwürdige Existenz aufzubauen. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu seinem Urteil am 2. Oktober 2025 auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert das Urteil in einer Pressemitteilung vom 2. Oktober 2025 als Verschärfung der in der Schweiz bislang angewandten Standards für die Beurteilung der Aufnahmesituation anerkannter Schutzberechtigter in Griechenland. Dass das Bundesverwaltungsgericht in der sehr wahrscheinlichen Obdachlosigkeit der in dem Verfahren betroffenen Familie nach ihrer Rückkehr nach Griechenland kein Hindernis für eine Abschiebung sehe, sei aus Sicht der SFH nicht nachvollziehbar, zumal minderjährige Kinder involviert seien. Die SFH habe bereits mehrfach kritisiert, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen bei staatlichen Lücken auf die Möglichkeit der Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen vor Ort verweise, der griechische Staat die Arbeit dieser Organisationen jedoch seit einigen Jahren massiv einschränke. In einem dem Bundesverwaltungsgericht bekannten Schreiben an die SFH aus dem Juli 2025 hätten 14 im Asylbereich tätige griechische NGOs ihre Bedenken in Bezug auf die entsprechenden Verweise des Bundesverwaltungsgerichts geäußert und auf ihre beschränkten Ressourcen hingewiesen.
Schreibe einen Kommentar