Sicherung des Existenzminimums in Afghanistan soll Einzelfallfrage sein

Auch junge, erwachsene, gesunde und alleinstehende afghanische Männer, die im heimischen Kulturkreis sozialisiert wurden und mindestens eine der Landessprachen sprechen, seien bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ohne weiteres zur Sicherung ihres Existenzminimums in der Lage, so das Oberverwaltungsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 23. Februar 2022 (Az. 1 Bf 282/20.A). Eine andere Bewertung sei jedoch bei Hinzutreten besonderer Umstände in der Person des Betroffenen geboten, so das OVG, wenn diese die Prognose erlaubten, ihm werde die Sicherung des Existenzminimums im Einzelfall trotz der derzeitigen humanitären Lage in Afghanistan gelingen. Solche positiven Umstände, die im Einzelfall eine Sicherung des Existenzminimums erwarten lassen, lägen insbesondere vor, wenn der Betroffene Zugang zu qualifizierter Arbeit werde erlangen können, über ein bestehendes tragfähiges familiäres oder sonstiges soziales Netzwerk in Afghanistan, erhebliches Vermögen oder finanzielle Unterstützung aus dem Ausland verfüge; maßgeblich sei eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

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ISSN 2943-2871