Wenn Sie (1.) in einem anderen EU-Staat als Deutschland als Flüchtling anerkannt wurden, und wenn Sie (2.) danach in Deutschland einen weiteren Asylantrag gestellt haben und wenn (3.) außerdem feststeht, dass Ihnen im (ersten) EU-Staat (in dem Sie bereits als Flüchtling anerkannt wurden) eine menschenrechtswidrige Behandlung droht, dann wird das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ihren (zweiten) Asylantrag inhaltlich prüfen. Was passiert nun, wenn das Bundesamt bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass Ihnen im Ihrem Herkunftsstaat keine Verfolgung, kein ernsthafter Schaden usw. drohen? Darf Ihnen die Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat angedroht werden, obwohl es ja noch eine Flüchtlingsanerkennung aus dem anderen EU-Staat gibt, die genau das verbietet? Die Antwort auf diese Frage ist umstritten, die Verwaltungsgerichte Hannover (Urteil vom 14. August 2025, Az. 3 A 4909/22) und Köln (Urteil vom 18. August 2025, Az. 27 K 3863/22.A) beantworten sie aktuell so, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht angedroht werden darf, und zwar unter Bezugnahme auf § 60 Abs. 1 S. 2 AufenthG. Andere Gerichte haben es anders gesehen, etwa das Verwaltungsgericht Hamburg Ende 2024.
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zugelassene Sprungrevision wurde anscheinend eingelegt, so dass es in Bälde eine höchstrichterliche Klärung der Frage geben sollte. Beim Verwaltungsgerichtshof München ist außerdem ein Berufungsverfahren anhängig, in dem die Frage ebenfalls relevant ist. Sofern Sie übrigens in dem anderen EU-Staat keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben, sondern nur subsidiären Schutz, ist es wieder alles anders als oben geschildert, aber das nur am Rande.
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