Ungarn (erneut) vom Europäischen Gerichtshof verurteilt

In dem Vertragsverletzungsverfahren C-821/19 (Kommission/Ungarn) hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. November 2021 festgestellt, dass Ungarn mit der Einführung von besonderen Unzulässigkeitsgründen für Asylanträge, der Kriminalisierung der Unterstützung von Asylsuchenden und dem Verbot für solcher Straftaten Verdächtigter, sich der ungarischen Grenze zu nähern, gegen die Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU sowie die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU verstoßen hat; eine Zusammenfassung des Urteils ist als Pressemitteilung verfügbar.

Im Fokus des Urteils steht die ungarische Regelung, die die Unterstützung der Asylantragstellung für strafbar erklärte, wenn jenseits vernünftiger Zweifel nachgewiesen werden konnte, dass die unterstützende Person wusste, dass der Asylantrag nach dem innerstaatlichen ungarischen Recht keine Aussicht auf Erfolg hatte. Diese Regelung sei dazu geeignet, so der EuGH, jede Person, die in irgendeiner Form eine Unterstützung bei der Stellung oder förmlichen Stellung eines Asylantrags gewähren möchte, unabhängig davon, in welcher Eigenschaft sie dies tue, in hohem Maße abzuschrecken, obwohl die Unterstützung einzig und allein darauf abziele, es einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zu ermöglichen, von seinem Grundrecht Gebrauch zu machen, in einem Mitgliedstaat um Asyl nachzusuchen.

Das Urteil ist angesichts des absurden und perfiden Versuchs einer Kriminalisierung der Unterstützung von Asylsuchenden in Ungarn nicht überraschend. Es ist vielleicht nicht zu erwarten, dass Ungarn dem Urteil nachkommen und seine betroffenen Rechtsvorschriften aufheben wird. In einem vergleichbaren Verfahren (Rechtssache C-808/18), in dem der EuGH im Dezember 2020 festgestellt hatte, dass ungarische Rechtsvorschriften über die Regeln und Verfahren in den Transitzonen an der serbisch-ungarischen Grenze gegen EU-Recht verstießen, hat die Europäische Kommission am 12. November 2021 beschlossen, wegen der Nichtbefolgung des Urteils durch Ungarn die Verhängung finanzieller Sanktionen zu beantragen.

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ISSN 2943-2871