Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (GFK) verpflichtet die GFK-Staaten dazu, keine Strafen gegen Flüchtlinge wegen unrechtmäßiger Einreise oder wegen unrechtmäßigen Aufenthalts zu verhängen, wenn sie „unmittelbar“ aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 GFK bedroht waren. Im Verfassungsblog berichten Asta S. Stage Jarlner und Sarah Scott Ford über eine aktuelle Entscheidung des dänischen Obersten Gerichts, die diese Regel breit interpretiert. In dem Verfahren ging es um einen syrischen Schutzsuchenden, der sich nach seiner Flucht aus Syrien für zwei Jahre in der Türkei und für zwei Monate in Griechenland aufgehalten hatte, bevor er in Dänemark aufgegriffen wurde und einen Asylantrag stellte. Wegen der Verwendung einer nicht auf ihn ausgestellten italienischen ID-Karte bei der Einreise wurde er in Dänemark strafrechtlich verurteilt; diese Verurteilung hob das Oberste Gericht nun auf, weil der Betroffene sich auf Art. 31 GFK berufen könne.
Die sehr weite Auslegung des Begriffs der Unmittelbarkeit durch das dänische Oberste Gericht ist nur dann relevant, wenn Schutzsuchende tatsächlich als Flüchtlinge im Sinne von Art. 1 GFK anerkannt wurden, so dass jedenfalls im Zeitpunkt einer unrechtmäßigen Einreise nach Dänemark nicht klar sein wird, ob eine Strafbarkeit im Ergebnis ausgeschlossen ist oder nicht.
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