Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des rückwirkenden Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit

Das Bundesverfassungsgericht meldet in seinem Beschluss vom 11. Dezember 2023 (Az. 2 BvR 195/21) Zweifel daran an, ob § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 StAG über den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG genügen. In dem Verfahren hatte ein in Deutschland geborenes Kind ausländischer Eltern zunächst gemäß § 4 Abs. 3 StAG mit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, die etwas mehr als fünf Jahre später allerdings rückwirkend wieder entfiel, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Vater des Kindes eine andere Person als ursprünglich angenommen war und er die Voraussetzungen von § 4 Abs. 3 StAG anders als der Scheinvater nicht erfüllte. Die Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen, weil sie den einschlägigen Begründungsanforderungen nicht entsprochen habe, zu seinen verfassungsrechtlichen Zweifeln hat es sich nicht näher geäußert, sondern auf seine existierende Rechtsprechung zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit verwiesen, insbesondere auf seinen Beschluss vom 17. Juli 2019 (Az. 2 BvR 1327/18), der allerdings noch zur Rechtslage vor der Einführung von § 17 Abs. 2 und 3 StAG im Jahre 2009 ergangen war. Klare Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit von § 17 Abs. 2 und 3 StAG in seiner geltenden Fassung hat das Oberverwaltungsgericht Bremen in seinem Urteil vom 10. März 2020 (Az. 1 LC 171/16) bereits herausgearbeitet.

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ISSN 2943-2871