Das Bundesverwaltungsgericht hat den Volltext seines Urteils vom 21. April 2022 (Az. 1 C 10.21) veröffentlicht, in dem es darum geht, inwiefern Rückkehrhilfen die Gefahrenprognose bei einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG beeinflussen können. In der Entscheidung geht es letztlich darum, welcher zeitliche Horizont zugrunde zu legen ist, wenn eine Rückkehrhilfe eine menschenrechtswidrige Verelendung im Herkunftsland möglicherweise nur temporär ausschließt. In seiner Pressemitteilung vom 21. April 2022 hatte das Gericht noch unheilvoll davon gesprochen, dass Abschiebungsschutz nur in Frage käme, wenn dem Ausländer nach dem Verbrauch der Rückkehrhilfen in einem engen zeitlichen Zusammenhang eine Verelendung mit hoher Wahrscheinlichkeit drohe. Im Urteil (Rz. 25) liest sich das jetzt ein wenig differenzierter, weil das Gericht einen weiteren Gedanken ins Spiel bringt: Je länger nämlich der Zeitraum der durch Rückkehrhilfen abgedeckten Existenzsicherung sei, desto höher müsse die Wahrscheinlichkeit einer Verelendung nach diesem Zeitraum sein. Anscheinend geht es hier um zwei unterschiedliche zeitliche Zusammenhänge, die beide einen Einfluss auf die Gefahrenprognose haben sollen und nur im Einzelfall ermittelt werden können (s. Rz. 21 des Urteils). Für die Instanzgerichte bedeutet das vermutlich Rechenaufgaben, weil sie konkrete Zeiträume ermitteln (s. Rz. 28 des Urteils) und die im Einzelfall zu treffende Gefahrenprognose darauf abstimmen müssen.
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